Kürzlich hatte ich einen fröhlichen Schlagabtausch zum Thema Change. Ich war mit einem ehemaligen Kunden zum Mittagessen verabredet. Er wechselt gerade den Job und in dieser stressfreien Grundstimmung hat er mich in einen fröhlichen Schlagabtausch zum Thema Change-Management verwickelt.

Ich habe ihn vor Jahren als Führungskraft im Anlagenbau kennengelernt. Er ist ein Praktiker, ein Macher, ein geradliniger, bodenständiger Ingenieur. Damals habe ich für ihn einen Workshop moderiert, nachdem seine Firma eine andere Firma gekauft hatte und in die entsprechende Sparte integrieren wollte. Es ging um Beton, es ging um Maschinen, vor mir sassen Männer mit Stahlkappen in den Arbeitsschuhen.

Es hat nicht gestört, dass ich nichts von Anlagenbau und von Beton verstehe. Der Schuh drückte dort, wo er in einer solchen Situation immer drückt. Das Management hatte etwas entschieden, aber nicht gut erklärt. Die Führungskräfte sollten die neue Struktur zum Laufen zu bringen. Und die Mitarbeitenden hatten keine Lust auf die Zusammenarbeit mit den neuen Kollegen. Es war ein relativ emotionaler Workshop und am Ende sagte ein bärbeissig wirkender Mann mit grossflächigen Tattoos auf riesigen Bizepsen, dass wohl alle ihr Herz etwas öffnen müssten.

Manipulation oder Akzeptanz

Das ist das Umfeld, in dem mein sympathischer Ingenieur Erfahrungen mit Veränderungen gemacht hat. Das erklärt zum Teil, was er bei einem feinen roten Thai-Curry relativ zufrieden über Change-Management sagte: «Seien wir ehrlich: Im Grunde geht es doch immer darum, dass man Leute manipuliert, damit sie etwas tun, was sie eigentlich nicht wollen.»

Natürlich habe ich widersprochen, revoltiert und mich aufgebäumt. Was er sagte, ist meilenweit weg von dem, was ich unter Transformationsphasen verstehe und von Führungskräften und Beratern in solchen Situationen erwarte. Es war die Einladung zu diesem fröhlichen Schlagabtausch zum Thema Change.

Er ist nicht allein mit seinen Vorstellungen. Was er völlig schnörkellos als «Manipulation» bezeichnete, nennen andere «Abholen». Gemeint ist, dass eine unangenehme Veränderung den Mitarbeitenden so beigebracht wird, dass sie die Kröte schlucken. «Alles eine Frage des Wordings», sagte mein Ingenieur.

«Alles eine Frage der Methode und der Glaubwürdigkeit», sage ich, «nicht des Wordings». Es widerspricht meinem Berufsethos, Gänseblüemli als Orchideen zu verkaufen. In meinen Projekten nehme ich Führungskräften immer sehr schnell die Illusion, das beschönigende und bereinigte Sprache, am liebsten in Form von Appellen zum gewünschten Verhalten, von Mitarbeitenden geglaubt und befolgt wird.

Methoden im Change-Management

Stattdessen gestalte ich Veränderungsprozesse, unterstütze Management-Teams in der gemeinsamen Arbeit an der neuen Ausrichtung, schaffe Gelegenheiten für die Einbindung von Mitarbeitenden, entwerfe die Kommunikation zum Change-Prozess, moderiere Workshops, in denen Führungskräfte sich einbringen können und überhaupt…. Ich designe massgeschneiderte Lösungen, um die Veränderungen auf der Sachebene und das Geschehen auf der Ebene der Arbeitsbeziehungen produktiv voranzubringen.

Akzeptanz entsteht nicht durch Manipulation. Akzeptanz entsteht durch Transparenz und Partizipation. Ernsthafte Unternehmenstransformationen haben etwas Unausweichliches. Die Organisation muss von A nach B, vom IST zum SOLL. Mitarbeitende müssen verstehen, warum das so ist, wie das funktionieren soll, was es für sie bedeutet und was sie ganz konkret tun können und sollen.

Motivation, Stagnation oder Boykott

Der Schlagabtausch zum Thema Change mit dem Ingenieur hatte es in sich. Er hat nämlich schon einiges erlebt und deshalb war nichts von dem, was er gesagt hat, aus der Luft gegriffen. Ich konnte ihm nicht widersprechen als er sagte: «Warum machen Mitarbeitende im Unternehmen Veränderungen mit? Nur weil sie bleiben wollen.»

Das ist wahr. Wer im Unternehmen zufrieden ist, lässt sich auch auf Veränderungen ein. Vorausgesetzt, die Veränderung geht für ihn oder sie gut aus. Wer z.B. bei einer Reorganisation degradiert wird oder einen Vorgesetzten vor die Nase gesetzt bekommt, wo er selbst einen Führungsanspruch hatte, der ist kein Fan der Veränderung. Wer nicht erfreut ist, aber ohne Alternative zum aktuellen Job, der wird Zeichen von Akzeptanz zeigen. Anders jene, die nicht erfreut sind und den Job wechseln können.

«Was machst Du mit einem, der nicht will, der Nein sagt. Vor allem: Wenn Du den brauchst, wenn das ein Guter ist, den Du nicht verlieren willst!», fragte der Ingenieur beim Mittagessen.

Damit ist er bei dem Auslöser aller Change-Projekte. Manager wissen, dass sie Mitarbeitende nicht einfach abhängen sollten. Denn Mitarbeitende können dezent und ohne, dass man ihnen etwas vorwerfen könnte, jeden Change blockieren. Sie bewegen sich dann einfach nicht in die neue Richtung, weil sie zu beschäftigt mit dem Tagesgeschäft sind. Sie pflegen ihre Existenzberechtigung im Operativen, machen ihren Job und halten ihre Mitarbeitenden loyal hinter sich.

Love it, change it, or leave it

Manager, die erfahren mit Transformationsprozessen sind, lassen diese Zustand zwischen Stagnation und Boykott nicht zu. Sie heuern einen externen Berater an, der ihnen hilft, den Veränderungsprozess professionell zu managen.

Dazu gehört, dass es nicht primär um Konflikte zwischen Personen geht, die Unterschiedliches wollen. Das Ziel ist, ein Unternehmen aus strategischen Gründen neu aufzustellen. Dafür muss es einen «Sense of Urgency» geben. Dabei geht es immer um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. In der Umsetzung kann dies neue Strukturen erfordern und neue Skill-Profile für Schlüsselpositionen.

Wenn da einer ist, den man braucht, dann hat diese Person vermutlich auch in der neuen Welt ihren Platz. Wenn der Platz nicht so ist, wie die Person es sich wünscht, denn ist das zu klären. Denn die grundsätzlich unterschiedliche Sicht der Dinge ist ein Konflikt. Und Konflikte behindern Performance.

Lässt sich der Konflikt nicht auflösen, dann wird es schwierig für die nachgeordnete Person, die den Change nicht will. Ein Manager, der den Change will, weil die Unternehmung den Change braucht, kann Kompromisse machen, kann gemeinsame Lösungen finden, aber kann sich nicht erpressen lassen von Mitarbeitenden, die fachlich gut sind, aber nicht die Strukturen und Ziele des Unternehmens respektieren.

Früher oder später verlassen solche Mitarbeiter von selbst das Unternehmen oder das Unternehmen trennt sich von ihnen. Ich habe in meinen Projekten sehr viel häufiger den Umbau von Management-Teams gesehen als dauerhafte Abhängigkeiten von Personen in Schlüsselpositionen.

Kein Schlagabtausch zum Thema Change

«Manipulation im Sinne von manipolare», erklärte der Ingenieur beim Mittagessen voller Verve und machte eine knetende Handbewegung, «wie in der fisioterapia». Er ist ein temperamentvoller Mensch aus dem Tessin. Er gestikuliert, als ob er eine Muskelverspannung wegmassieren würde. Ich lächle. Auf eine Weise hat er Recht. Manchmal müssen Blockaden wegmassiert und Neuerungen eingearbeitet werden.

Er weiss, dass vor Veränderungen auch Sicherheitsschuhe nicht schützen. Der Schlagabtausch zum Thema Change war einfach nur ein sportlicher Disput. Wir sind uns einig, dass man am besten ganz konkret und praktisch damit umgeht.

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