Systemische Beratung ist der methodische Kern von CambiaLINE. Drin sein oder drauf schauen. Im System oder nicht im System. Die Welt in der Schneekugel betrachten oder Teil dieser Welt in der Schneekugel sein. Beobachtung oder Teilnahme. System oder Kontext. Statik und Dynamik. Irritation und Gewohnheit. Systemische Beratung geht davon aus, dass alle Elemente in einem System wechselseitig aufeinander wirken. Neben der Sachebene und der Zeitachse gehört zur systemischen Beratung als dritte Dimension immer auch die soziale Ebene. Systemische Beratung macht alle drei Dimensionen bearbeitbar und gestaltbar.
Lieber nicht zu viel Theorie
Das alles klingt etwas theoretisch. Ehrlich gesagt bin ich der Meinung, dass systemisch arbeitende Berater ihre Kunden und Kundinnen vielleicht gar nicht damit belasten sollten, welchen Beratungsansatz sie verfolgen. Systemische Beratung ist eine Art der Organisationsentwicklung, die Gedankengut u.a. aus der Psychotherapie und Systemtheorie verwendet, die sich auf Konstruktivismus und Kybernetik zweiter Ordnung bezieht, auf Synergetik und Autopoiesis.
Systemiker lesen Bücher z.B. von Niklas Luhmann, Dirk Baecker, Humberto Maturana, Fritz Simon. Sie besuchen Weiterbildungen bei Matthias Varga von Kibéd, Rudolf Wimmer und etlichen namhaften Instituten, die nicht nur systemisch beraten, sondern einen lukrativen Meta-Markt erkannt haben: das Beraten und Qualifizieren von systemischen Beratern.
Worauf ich hinauswill: Systemische Berater wissen hoffentlich genau, was sie tun. Ihre Kunden und Kundinnen müssen das nicht unbedingt so genau wissen. Der wissenschaftliche Anspruch, das Abstraktionsniveau und der Fach-Jargon sind regelrechte Ausschlussverfahren und echte «Ablöscher» für all jene, die in das Thema Systemtheorie und systemische Organisationsentwicklung nicht voll einsteigen, sondern einfach nur davon profitieren wollen.
Systemische Beratung mit praktischem Mehrwert
Was sich in einem systemisch geführten Beratungsprojekt abspielt, macht meist unmittelbar Sinn für die Beteiligten. Es entspricht der unmittelbaren Erfahrung von Mitarbeitenden, dass Situationen, Probleme, Ressourcen und Lösungen aus Wechselwirkungen von Elementen in der Organisation und ihrer Ausrichtung auf ihre Umwelt entstehen. Alle wissen das, aber wo soll man ansetzen und was soll man ändern?
Mitarbeitende wissen zum Beispiel, wenn der Erfolg der Organisation durch eine Unternehmenskultur begrenzt ist, die aus genau solchen Wechselwirkungen entstanden ist und zwar indirekt und über längere Zeit. Persönlich glaube ich, dass Führung und Zusammenarbeit genauso ihre Form finden. Natürlich ist beides z.B. durch Aufbau- und Ablauforganisation bestimmt, noch stärker aber meist von informellen Machtstrukturen und Beziehungsnetzwerken, die sich in der Organisation als erfolgreich erwiesen haben und an Sachthemen immer wieder bestätigt werden. Wie sowas funktioniert, muss man zunächst beobachten, um es erklären und dann ändern zu können.
Wirkzusammenhänge sehen und verändern
Systemische Beratung kann komplexe Probleme lösen. Die Aufmerksamkeit ist auf das System als Ganzes gerichtet. Im System sein und auf das System schauen, dabei helfen systemische Berater und Beraterinnen. Sie sorgen für Reflexion. Sie bringen nicht Lösungen ein, sondern schaffen Voraussetzungen dafür, dass Lösungen aus dem System heraus entstehen.
Der systemische Berater versetzt das System in produktive Unruhe, um den eigenen Möglichkeitsraum zu erweitern. Systemische Beratung ist ressourcenorientiert und geht davon aus, dass die Lösungen aus der Organisation heraus entstehen, weil das Wissen, die Kreativität und die Energie darin angelegt sind. Systemische Berater eröffnen neue Möglichkeiten, weil sie nicht Teil des Systems sind, sondern «nur» temporär begleiten. Sie können zwischen Beobachtung und Teilnahme changieren. Sie helfen Unternehmen, sich zu reflektieren, ihre eigenen Muster zu erkennen und ihre Zukunft zu gestalten. Systemische Berater und Beraterinnen irritieren das, was Unternehmen durch Gewohnheit und Wiederholung zu ihrer eigenen Wirklichkeit gemacht haben. Deshalb reden systemische Berater so gerne von Interventionen, von Eingriffen ins System also, die Veränderung bewirken oder beschleunigen.
Positive Energie freisetzen
Interventionen, Irritationen, Provokationen. Ja, ich denke, als Berater oder Beraterin darf und muss man einer Organisation manchmal den Spiegel vorhalten. Persönlich finde ich: Es kommt auf die innere Haltung an, aus der heraus man das tut. Persönlich finde ich: Es sollte eine positive, vielleicht sogar liebevolle Haltung sein, die verständnisvoll auf das Jetzt blickt und zuversichtlich auf das Morgen.
Systemiker gehen davon aus, dass Beschreibungen von Wirklichkeit nicht mehr und nicht weniger als Konstruktionen sind, die durch den Betrachter entstehen: durch Beschreibungen, Erklärungen und Bewertungen. Tückisch sind die Bewertungen, denn sie sind emotional und Emotionen führen zu schnellem Handeln. Und so entsteht reflexhaftes Verhalten, das stabile Zustände verursacht. Der «Groove» einer Organisation ist nichts anderes als die Einigkeit der Mehrzahl ihrer Mitarbeitenden über die Sicht auf ihr eigenes System.
Aus systemtheoretischer Sicht ist Einmaligkeit uninteressant. Viel spannender ist die Wiederholung, das Muster, das die Wahrnehmung von Realität bestimmt. Systemische Berater und Beraterinnen fragen, welche Mechanismen das Problem erhalten. Wenn man den Problem-Mechanismus kennt, lassen sich neue Erklärungsmuster erzeugen, die neue Realitäten ermöglichen.
Die einzige Einflussmöglichkeit zur Steuerung von Systemen ist die Fokussierung der Aufmerksamkeit. Und das sollte es sein, was systemische Berater und Beraterinnen machen: die Aufmerksamkeit im System auf das zu richten, was es kraftvoll in Markt und Wettbewerb und anderen relevanten Umwelten macht.
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Bildquelle: www.gograph.com