Es ist weit mehr als die Diskussion über Wachstum, Markt und Wettbewerb: Strategie im Familienunternehmen. Kürzlich hatte ich das Vergnügen, einen Workshop für ein Schweizer KMU zu moderieren, in dem der Vater und Unternehmensgründer vor fünf Jahren die operative Geschäftsleitung an seine beiden Töchter übergeben hat.

Die Nachfolgeregelung hat gut funktioniert. Vater und Töchter arbeiten gut zusammen. Sind sie sich einig? In vielem schon. Auch darin, dass manchmal eine externe Moderation bei der Konsensbildung hilfreich ist.

(Un-)Ausgesprochenes

«Wir brauchen einen Strategie-Workshop für den Verwaltungsrat», lautete der Auftrag von einer der Töchter. «Du kennst uns ja… Das Beste wird sein, Du führst wieder Interviews mit uns allen.»

Den Fragebogen für solche Interviews stimme ich vorab mit Auftraggeber oder Auftraggeberin ab. So ist sichergestellt, dass ich nach den richtigen Themen frage. Jede und jeder hat dann zunächst einzeln meine ganze Aufmerksamkeit. Ich erkenne die Übereinstimmugen und das Konfliktpotenzial und höre manches, was die Beteiligten untereinander nicht so klar aussprechen würden.

Strategie in Familienunternehmen

«Unser Vater könnte jeden Tag fünf Innovationen starten», war die freundliche Umschreibung dafür, dass die Firma ein schnell wachsendes Produktportfolio hat und ein Teil der Lösungen nur kleine Marktanteile.

«Er hat schon immer gern mit vielen Bällen jongliert», war die positive Wendung dafür, dass die vielen Entwicklungsprojekte das Unternehmen tendenziell überfordern.

«Mini Maidli müssen noch etwas reinwachsen», kommentierte der Vater liebevoll die niedrigere Risikobereitschaft der neuen Geschäftsleitung. «Ich mache mir Sorgen, weil die beiden zu viel arbeiten», war seine Begründung, warum eine Überprüfung der Strategie sinnvoll sei.

Begründete Entscheidungen treffen

Im Workshop habe ich meine Eindrücke aus den Interviews zusammengefasst. Augenzwinkernd und mit Respekt für die Leistung dieser Unternehmerfamilie. Sie haben gelacht, denn sie fühlten sich durchschaut.

So war ausgesprochen, was ohnehin alle wissen. Danach konnten sich alle gut auf strukturierte Strategiearbeit einlassen. Denn sie brauchen systematische Diskussionen und begründete Entscheidungen. Weil sie häufig willkürlich entscheiden. Schliesslich müssen sie weder auf Shareholder noch auf Konzernstrukturen Rücksicht nehmen.

Das ist einerseits eine Stärke von Familienunternehmen. Es funktioniert aber nicht, wenn in der Firmenleitung auch Personen sind, die nicht zur Familie gehören oder wenn mehrere Familienmitglieder zusammenarbeiten und nicht immer einer Meinung sind.

Zwischentitel NEU

Fliesstext

Vernissage zur eigenen Zukunft

Strategie im Familienunternehmen ist oft inhärent vorhanden. Themen und Entscheidungsbedarf müssen explizit werden und methodisch sauber hergeleitet und bewertet werden.

Strategie-Workshops baue ich immer so auf, dass eine Konsequenz im Denken entsteht, dass Entscheidungen folgerichtig werden und ein gemeinsames Verständnis von Umsetzungsdisziplin entsteht. Dieses strategische Alignment macht Spass – im Prozess und im Ergebnis.

Ich gestalte Arbeit im Workshop gern visuell und interaktiv. Auf grossen Arbeitspostern werden jene Themen erarbeitet, die für das Geschäftsmodell von besonderer Bedeutung sind und zu denen Entscheidungen getroffen werden müssen. Ebenso wie solche Themen, die durch diese Entscheidungen ebenfalls in Bewegung geraten.

Auf diese Weise entsteht an den Wänden eine Ausstellung von Bildern zur eigenen Strategie.

Klassische Tools

In diesem KMU waren Produkte und Innovationsmanagement ein wichtiges Thema. Dafür hatte ich ein paar klassische Tools mitgebracht. Auf Arbeitspostern haben wir eine Portfolioanalyse mit der bekannten BCG-Matrix durchgeführt, eine Marktfeldanalyse nach Ansoff und eine SWOT-Analyse für die Einschätzung der aktuellen Lage.

Gern arbeite ich auch mit der Business-Model-Canvas, den drei Horizonten von McKinsey oder dem 7-S-Modell. Um das gemeinsame Kundenverständnis zu stärken, entwickle ich gern eine Client-journey. Stärken-Schwächen-Analysen zu internen Ressourcen helfen dabei, die Bewertung der Relevanz von Faktoren abzugleichen und Massnahmen zu priorisieren.

Ich stelle jene Strategiethemen zusammen, die ein Unternehmen braucht, und dann geht es los. Mit Post-it-Zetteln, Wachsmalkreide, bunten Flipcharts, rauchenden Köpfen und angeregten Gesichtern.

Der Zauber vor Ort

Strategiearbeit hat nichts mit Spontankompetenz zu tun. Natürlich müssen Vorarbeiten verarbeitet werden und meist gibt es zur Vorbereitung Leseaufträge, damit alle die Grundlagen kennen, bevor in der Runde debattiert wird.

Dann aber leistet ein Strategie-Workshop in kompakter Form und auf kraftvolle Weise, was nur miteinander und idealerweise vor Ort erreicht werden kann: strategisches Alignment.

Damit meine ich: gemeinsame Schlussfolgerungen und Erkenntnisse, kontroverse Debatten, an deren Ende Entscheidungen fallen, das Commitment der Teilnehmenden, diese Entscheidungen zu tragen und für die Umsetzung zu sorgen.

Das alles sind die Elemente, die einen Strategie-Workshop wertvoll machen. Und Lust auf Strategie machen (so der Titel eines sehr empfehlenswerten Arbeitsbuches von Reinhard Nagel).

Konkrete Ergebnisse

«Jetzt haben wir wieder Ordnung drin», sagte der VR-Präsident zufrieden als er an den Arbeitspostern an den Wänden entlangschlenderte.

Der Workshop hat die erhofften Ergebnisse geliefert und das hat alle zufrieden gemacht. Die Leitplanken für die Strategieumsetzung waren definiert.

Nicht zu unterschätzen: Dieser Verwaltungsrat hat sich als produktiv, kreativ und tatkräftig erlebt. Auch darum geht es bei einem solchen Workshop – dass die Gruppe erlebt, wozu ihre Heterogenität gut ist.

«Danke, dass Du uns so gut da durchgeführt hast», sagte die eine Geschäftsführerin beim Abschied und mit dieser schönen Rückmeldung war es auch für mich ein voller Erfolg.