Ein klassisches Ziel von Change-Projekten ist die Neupositionierung einer Supportfunktion. Auslöser ist meist die Unzufriedenheit mit der Lieferkraft bzw. dem Output der Service-Abteilung.

Interne Kundinnen und Kunden haben das Gefühl, nicht das zu bekommen, was sie wollen. Sie wünschen sich andere Produkte und Dienstleistungen, eine andere Qualität, mehr strategisches Denken oder andere fachliche Impulse.

Warum ist die Situation so verfahren? Wo doch alle Beteiligten sich anstrengen und das Beste wollen… Wie konnte es so weit kommen?

Ein konkretes Projektbeispiel

Genau so ein Projekt zur Neupositionierung einer Supporteinheit durfte ich in diesem Jahr begleiten. Ich kenne die Fragestellung insbesondere von IT-, HR- und Marketingabteilungen. Dieses Mal war es das Team Marketing & Kommunikation einer mittelgrossen Expertenorganisation.

Angefragt wurde ich für eine sogenannte Auftragsklärung, weil die Teamleitung mit der Geschäftsführung festlegen wollte, was Auftrag und Lieferumfang der Supporteinheit sein sollten. Mit anderen Worten: es gab kein gemeinsames Verständnis mehr, was das M&K-Team leisten sollte. Erwartungen sollten geordnet werden, so dass sie wieder erfüllbar werden.

Lagebeurteilung und Lösungsansatz

In Stakeholder-Interviews mit Vertretern wichtiger Kundengruppen und Mitgliedern des Managements habe ich zunächst die aktuelle Situation erfasst. Gefragt habe ich nach:

  • Zufriedenheit mit dem Leistungsumfang: Vollständigkeit des Marketingmix, Instrumente und Kanäle, kommunikative Differenzierung im Wettbewerb, Passung des Angebots zu Kundenbedürfnissen
  • Zufriedenheit mit der Expertise: Skills und Kompetenzen im Team, Kreativität und Innovationskraft, Beratungsqualität, strategisches Denken, operative Lieferkraft
  • Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit: gemeinsame Planungsprozesse, Bedarfserfassung, Aufnahme von Anfragen und Aufträgen, Dauer der Auftragsbearbeitung, Serviceorientierung, Zusammenarbeit in der Auftragsbearbeitung

Die Gespräche machten klar, dass das Problem nicht damit gelöst wäre, wenn es statt Broschüren Flyer gäbe, Website und Mailings überarbeitet und neue Werbegeschenke ausgewählt würden.

Hausgemachte Unzufriedenheit

Es war in diesem Fall, wie es meistens ist: Diejenigen, die sich beklagen, verursachen ihre Unzufriedenheit häufig selbst. Der Mechanismus ist klar: Viele interne Kund:innen wollen individuelle Lösungen wollen, so dass die Anzahl der zu erledigenden Arbeiten immer weiter steigt und in der Supporteinheit setzt operativer Wahnsinn ein.

Obwohl alle im Service-Team routieren, wird vieles zu spät fertig. Proaktiv ist hier kaum noch etwas, weil das Team getrieben ist, statt selbst Treiber des Geschehens zu sein.

Die Situation wird zum Teufelskreis, wenn die operativen Tätigkeiten überhandnehmen, weil interne Kund:innen mit konkreten Umsetzungsideen kommen statt die Supporteinheit über Ziele zu führen. Dann führt die Supporteinheit nur noch aus, statt selbst fachlich zu führen. Was über kurz oder lang alle unzufrieden macht.

Dienstleister auf Augenhöhe

Supportfunktionen, die es allen recht machen wollen, stellen wenige zufrieden. Das Verhalten passt nur am Anfang, wenn eine Abteilung neu etabliert wird. In dieser frühen Phase, wenn die Themen überschaubar sind, kann jedes Arbeitsergebnis gleichbedeutend mit einem zufriedenen Kunden sein.

Idealerweise reifen Kund:innen und Supportfunktion miteinander am Thema. Es gibt mehr Anforderungen, mehr Arbeit, das Team wächst, der Output steigt, alles multipliziert sich.

Spätestens dann ist es an der Zeit, dass die Supportfunktion in die fachliche Führung geht und Verantwortung für das eigene Portfolio übernimmt. Das erfordert, dass beide Seiten sich in ihrer unterschiedlichen Fachlichkeit auf Augenhöhe begegnen.

Rollenklarheit

Im Beispiel des M&K-Teams bedeutete dies: Nicht jeden Wunsch erfüllen, nicht jedes Werbegeschenk bestellen, nicht jedes Thema vorne auf der Website platzieren, sondern einen guten Mix sinnvoller Instrumente für unterschiedliche Marketingzwecke anbieten.

Viele Instrumente sind geeignet, um Sichtbarkeit im Markt zu erzeugen und Endkunden anzuziehen. Es muss nicht die jeweils eigene Idee sein, die interne Kund:innen ins Marketing einbringen wollen. Nichts gegen kreative Ideen. Aber generell würde ich sagen: Schuster bleib bei Deinen Leisten.

Wer Marketing machen möchte, kann ins Marketing gehen. Wer eine Rolle im Vertrieb hat, darf das Marketing fordern, soll es aber auch machen lassen. Denn meistens kommt es nicht darauf an, ob etwas grün oder blau, hoch- oder querformatig ist. Vertriebserfolg hängt meist mehr von Vertriebsaktivitäten als von Marketingmaterialien ab.

Neupositionierung einer Supporteinheit

In meinem Projektbeispiel war ein Workshop mit der Geschäftsleitung der erste Schritt zur Neupositionierung des M&K-Teams. Ergebnis war eine neue Aufgabenverteilung zwischen dezentralen Vertriebsverantwortlichen und zentralem Marketing.

Die dezentralen Einheiten können jetzt mehr selbst entscheiden, so dass sie direkter zum Ergebnis kommen. Allerdings innerhalb eines Rahmens, der vom zentralen Marketing gesetzt wird. Das Marketing stellt Standards und Tools zur Verfügung, die für typische Marketingzwecke genutzt werden können, so dass unterschiedliche Inhalte auf einheitliche, imagetragende Weise präsentiert werden.

Aufbruchstimmung

Ein weiterer wichtiger Schritt in meinem Projekt war ein Workshop, in dem das M&K-Teams sein neues Rollenverständnis diskutiert hat. Wie wollen wir auf unsere internen Kund:innen zugehen? Wie kanalisieren wir deren Wünsche? Wie entfalten wir unsere Expertise und nehmen fachliche Führung wahr?

Die Situation ist nun auf beiden Seiten aufgeräumt. Geschäftsleitung und interne Kund:innen sind bereit, sich zugunsten einer fachlichen Führung aus dem Marketing zurückzunehmen. Das M&K-Team weiss, dass es nun liefern muss, um dem eigenen Anspruch gerecht zu werden.

Jetzt kommt es auf die Umsetzung an und die wird nicht über Nacht funktionieren. Deshalb hat das M&K-Team eine Roadmap entwickelt, die den Weg in die neue Form der Zusammenarbeit aufzeigt. Ausserdem werden Quick-wins erlebbar machen, dass dieser Weg richtig ist.