Zurzeit darf ich einen Kunden im «Strategic Alignment» seiner Abteilung unterstützen. Es geht also um die Ausrichtung einer Organisationseinheit auf gemeinsame, von der Unternehmensstrategie abgeleitete Ziele.

Besser lassen sich Teamentwicklung, Change-Management und die Optimierung des operativen Liefermodus nicht verbinden. In genau diese Verbindung ist wichtig für die Performance eines Teams und auch für die Zufriedenheit. Denn nichts verbindet stärker als gemeinsame Erfolge.

Strategic Alignment im persönlichen Umgang

Ich bin kein Fan von isolierten Teamentwicklungstagen, welche die Gruppendynamik und Persönlichkeitsmerkmale Einzelner thematisieren. In der Schweiz beschreibt man den Versuch, diese Ebene separat zu bearbeiten als «gspürsch mi fühlsch mi», also das Fokussieren auf die Wahrnehmung von Emotionen beim Gegenüber oder im Team.

Natürlich gibt es diese Ebene, und sie wird vor allem dann zum Thema, wenn die Zusammenarbeit nicht gut läuft. Im Geschäftsleben geht es aber nicht primär um Zwischenmenschliches, sondern um produktive Zusammenarbeit und Zielerreichung. Wenn man sich auf der Sachebene einig ist, stören auch Unterschiede in der Persönlichkeit nicht. Man kann einander gewähren lassen.

Schwierig wird es, wenn sich die Ansichten zu Sach- und Führungsthemen unterscheiden und uneingelöste Erwartungen aneinander im Raum stehen. Strategic Alignment entsteht in der Auseinandersetzung an der Sache und dazu gehört auch, unterschiedliche Positionen klar benennen und Konflikte kultiviert lösen zu können.

Und ja, dazu muss ein Grundvertrauen in der Zusammenarbeit und Verständnis für unterschiedliche Kommunikations- und Verhaltensstile bestehen. Das ist ein vernünftiges Ziel von Teamentwicklung.

Voraussetzungen für Strategic Alignment

Nochmal zurück zu meinem eingangs erwähnten Kunden. Er hat vor wenigen Monaten einen neuen Führungsjob angetreten und leitet die IT-Abteilung eines Finanzdienstleisters. Eingestellt wurde er, weil das Unternehmen in der IT eine Weiterentwicklung will: Die IT soll strategische Impulse geben – z.B. zu Digitalisierung und KI – und im Tagesgeschäft kosteneffizient bereitstellen, was erforderlich ist.

Beides geht nur mit starker Fachführung, denn es geht um Klarheit in der Sache. Strategic Alignment beginnt damit, eine Strategie zu haben, was vor allem bedeutet, zu Themen begründet ja und nein sagen zu können.

Das verändert bzw. prägt die Beziehung zu internen Kunden, die von der Fachführung erwarten dürfen, in Gedankengängen und Entscheidungsprozessen geführt zu werden. Schliesslich hat jede Erwartung an eine Supportfunktion finanzielle Konsequenzen. Zwar eröffnen Investitionen, z.B. in Digitalisierung oder Support Freiräume für Wertschöpfung. Aber zunächst sind es Ausgaben, die das finanzielle Ergebnis schmälern.

Neben den fachlichen Impulsen, die von der IT ausgehen müssen, geht es also um transparente, gemeinschaftliche Entscheidungsprozesse, in denen die internen Kunden (in aller Regel die Profit-Center einer Organisation) über die Budgetverwendung in der IT (in aller Regel ein Cost-Center) entscheiden. Beides, strategische Inhalte und prozessuale Kundenführung, sind Voraussetzungen für Strategic Alignment.

Strategic Alignment in der Strategieentwicklung

Was also hat mein Kunde gemacht, um eine belastbare IT-Strategie zu entwickeln?

Nach einer Phase der aufmerksamen Beobachtung und Analyse des Status quo, hat er von der Unternehmensstrategie die Prioritäten und Handlungsfelder der IT abgeleitet. Mit diesem Zielbild gleicht er die Gegenwart ab und beschreibt, was nötig ist, um die strategische Lücke zwischen dem IST und dem SOLL seiner Abteilung zu schliessen.

Der Handlungsbedarf umfasst alte und neue Themen der Abteilung, operative Pflichten und strategische Prioritäten, Aufbau- und Ablauforganisation, Führung und Steuerungsmechanismen ebenso wie den Modus der Zusammenarbeit im Team und mit den internen Kunden.

Zur Strategieentwicklung gehört unbedingt die Erarbeitung eines gemeinsamen Blicks auf die Dinge.

Die gemeinsame Sicht auf die Schwächen der Ausgangslage und die Chancen der Zukunft führt schlussendlich zu einem tragfähigen Umsetzungsauftrag. Mit «tragfähig» meine ich, dass auch in schwierigen Situationen, in denen etwas mehr kostet oder länger dauert als ursprünglich gedacht, der eingeschlagene Weg weiterverfolgt wird.

Mein Kunde hat viele Gespräche mit den wichtigen Stakeholdern geführt. In den ersten Wochen hat erfasst, welche Anforderungen das Business an die IT stellt und mit welchen Leistungen der IT es zufrieden bzw. unzufrieden ist. Sobald er Eckpunkte der IT-Strategie entworfen hatte, ging er damit in die nächste Runde von Gesprächen. Auf diese Weise waren seine internen Kunden, sein Vorgesetzter ebenso wie die Geschäftsleitung als kollektiver Auftraggeber von Anfang an in die Strategieentwicklung involviert und konnten sich einzeln und gemeinsam den Entscheidungen über die Bereitstellung von Budget und Ressourcen annähern.

Strategic Alignment in der Führung

Wenn ein neuer Chef anfängt, ist das für ein Team eine grössere Veränderung. Ein neuer Mensch, ein anderer Führungsstil und vor allem ein neuer Blick auf Output und Arbeitsmodus des Teams.

Das kann etwas Bedrohliches haben, denn wenn der etablierte Modus in Frage gestellt wird, kann dies als Kritik an den bisher verantwortlichen Akteuren verstanden werden. Mindestens signalisiert die Neubesetzung der Führungsposition, dass neue Akzente willkommen sind, vielleicht sogar, dass manches anders und besser werden muss.

Mitarbeitende stellen sich Fragen: «Wird der Neue mit meiner Arbeit zufrieden sein?» «Behalte ich meine Freiräume?» «Bleibt meine Rolle wie sie ist?» «Kann ich so weitermachen wie bisher oder nimmt der neue Chef Einfluss auf meine Themen?»

Die beste Antwort auf diese Fragen besteht darin, Betroffene zu Beteiligten machen, und zwar zum jeweils passenden Zeitpunkt in der passenden Form.

Den IT-Leiter, der mich zu diesem Artikel inspiriert, darf ich dabei unterstützen, diesen Weg der gesteuerten Interaktion auf der Sachebene wie auch auf der Beziehungsebene zu gestalten.

Der erste Schritt war ein Workshop mit seinen Direktunterstellten. Thema war die IT-Strategie. Darauf hatte die zweite Führungsebene in seinem Bereich gewartet: Vision und Ziele, das neue Selbstverständnis der IT innerhalb der Organisation, operative Handlungsfelder und strategiekonforme Organisationsstrukturen.

Dieser Workshop war eine Einladung des IT-Leiters an seine Abteilungsleiter, mitzudenken, mitzugestalten und mitzumachen, denn er braucht ihre aktive Mitarbeit für die Umsetzung seiner Strategie.

Strategic Alignment im Team

In den nächsten Wochen wird es darum gehen, das Gesamtteam einzubeziehen und so die Neu-Ausrichtung des IT-Bereichs einzuleiten. Natürlich prägt der neue IT-Leiter bereits im operativen Tagesgeschäft gewisse Themen ebenso wie den Modus der Zusammenarbeit.

Gleichzeitig braucht es Zeit und Raum für alle Beteiligten, um ein gemeinsames Verständnis von Zielen, Handlungsfeldern sowie Führung und Zusammenarbeit im Team zu entwickeln.

Es geht darum, die Mitarbeitenden in die Lage zu versetzen, möglichst bald möglichst eigenständig im Sinne der neuen Strategie zu arbeiten, einzelne Themen im Kontext der neuen IT-Strategie einordnen und notwendige Veränderungen akzeptieren und umsetzen zu können.

In solchen Situationen schlage ich gern einen Co-Creation-Workshop vor, in dem zunächst die neue Führungskraft die Strategie erläutert, um eine gemeinsame «Startrampe» zu schaffen. Danach werden ausgewählte Inhalte aus der Strategie in paralleler Gruppenarbeit weiter ausgearbeitet.

Der Themenmix darf genau so bunt und vielschichtig sein wie die Situation des Teams. Für das IT-Team, das sich nach dem Führungswechsel neu sortiert, wird es um solche Themen gehen:

  • Selbstverständnis als Business-Partner auf Augenhöhe:
    Was bedeutet das für unsere Zusammenarbeit mit den internen Kunden?
  • Strategische Handlungsfelder:
    Welche Prioritäten werden wir verfolgen?
  • Status-Analyse zu den 2-3 wichtigsten aktuellen Projekten:
    Warum stehen wir in diesen Projekten, wo wir stehen? Was müssen wir ändern?
  • Organisationsstruktur und Rollen:
    Wie organisieren wir uns, um im Sinne der Strategie lieferfähig zu sein?
  • Ausblick auf die am meisten drängenden Neuerungen:
    Welche Themen gehen wir als erstes neu und anders an?

Strategic Alignment im Arbeitsalltag

Workshops können wesentliche Impulse geben und Katalysator für Veränderung sein. Die Transformation vollzieht sich zwischen den Interventionen, wie Organisationsentwickler solche Change-Massnahmen nennen, und braucht Zeit.

Zeit brauchen Transformationen, weil es um die Verstetigung des Neuen geht. Neue Muster in Führung und Zusammenarbeit müssen ausreichend oft beobachtbar sein, z.B. die Art und Weise, wie Entscheidungen herbeigeführt werden, die Konsequenz in der Umsetzung, der Umgang mit Kunden und mit Mitarbeitenden insbesondere in schwierigen Situationen.

Die Neuausrichtung einer Support-Funktion dauert nach meiner Erfahrung ca. 1 ½ bis 2 Jahre.

In der Startphase geht es vor allem darum, eine gemeinsame Sicht auf die Lücke zwischen IST und SOLL zu entwickeln und gemeinsam die Motivation freizusetzen, diese Lücke zu schliessen, das bedeutet: die neue Ausrichtung zu wollen und miteinander darauf hinzuarbeiten.

Meist verändert sich in dieser Phase das Team: Rollenprofile ändern sich und damit auch die Anforderungen an Mitarbeitende, neue Mitarbeitende bringen zusätzliches Know-how ein, vielleicht entscheiden sich langjährige Mitarbeitende gegen die neue Welt und nach einigen Monaten haben sich die Strukturen und die Menschen, die sie mit Leben erfüllen, deutlich weiterentwickelt.

Und genau das Ziel ist aus meiner Sicht das Ziel von erfolgreicher Veränderung: dass eine Führungskraft Menschen und Strategie zusammenbringt und das Team gemeinsam einen erfolgreichen Liefermodus entwickelt.