Mitarbeiterbefragungen können beides sein: Schwachstellenanalyse und Mitarbeiterbindung. Alle Jahre wieder setzt eine mühevolle Routine ein. Das Online-Tool mit dem Fragebogen wird freigeschaltet. Die HR-Abteilung fordert zu möglichst hoher Beteiligung auf. Die Auswertung wird durchgeführt. Was kommt dann? Wie sinnvoll ist dieser Prozess?

Wofür das Ganze?

Entscheidend ist, mit welchen Zielen eine Mitarbeiterbefragung lanciert wird. Am besten sind: das ernsthafte Interesse am Wissen der Mitarbeitenden um die Schwachstellen in alltäglichen Arbeitsabläufen und die glaubwürdige Absicht, ganz konkret dort etwas zu verbessern, wo der Schuh am meisten drückt.

Dauerhaft bestehende Probleme und operative Schwachstellen machen Mitarbeiter nachhaltig unzufrieden. Insofern ist es naheliegend, eine jährliche Mitarbeiterbefragung mit dem Ziel einer verbesserten Mitarbeiterzufriedenheit zu verbinden. Gleichzeitig erlauben Aussagen zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz, im Team und mit der Führung immer auch Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit der Organisation und auf das Kundenerlebnis.

Eine Mitarbeiterbefragung ist ein Diagnoseinstrument zu Schwachstellen in Organisation und Prozessen. Sie gibt Aufschluss zur Motivationslage und Führungskultur und hilft bei der Interpretation von Produktivität, Krankenstand und Fluktuation.

Warum überhaupt mitmachen?

Natürlich ist die Voraussetzung für eine hohe Beteiligung, dass Mitarbeitende erleben, dass das Unternehmen tatsächlich etwas mit den Ergebnissen von Mitarbeiterbefragungen macht.

Aus langjähriger Erfahrung mit Mitarbeiterbefragungen habe ich mitgenommen: Es gibt eine Korrelation zwischen Betriebszugehörigkeit und Zufriedenheit mit den Gegebenheiten. Ich kann das wissenschaftlich nicht belegen. Was ich aber mehrfach gesehen habe ist, dass Mitarbeitende in den ersten zwei Jahren ihrer Firmenzugehörigkeit konstruktiv kritisch mit ihrem Arbeitgeber sind. Frisch, motiviert und bereit, sich für Verbesserungen einzusetzen.

Nach ca. 5 Jahren scheinen Mitarbeitende sich im Unternehmen arrangiert zu haben. Sie wissen, was immer schon so war, wie es immer noch ist, und wo man sich die Hörner vergeblich abstösst. Die Zufriedenheit pendelt sich im Mittelfeld ein. Langjährige Mitarbeiter sind dann wieder kritischer, manchmal sogar zynisch oder in der inneren Emigration. So manche Kuh ist schon durch’s Dorf getrieben worden, ohne dass sich im Kern etwas geändert hätte. Sie geben schlechtere Bewertungen ab, minimieren ihren Einsatz oder beteiligen sich nicht mehr.

Dieser Verlauf hat natürlich damit zu tun, dass in vielen Unternehmen die Ergebnisse von Mitarbeiterbefragungen kaum zu spürbarer Veränderung führen. Es werden Templates eingesammelt, in die Verbesserungsmassnahmen pro Abteilung einzutragen sind. Nicht immer sind das Massnahmen mit direktem Bezug zur Mitarbeiterbefragung, sondern oft Aktivitäten, die ohnehin schon laufen und keinen Mehraufwand verursachen.

Und natürlich ändern sich Menschen nicht so schnell. Auch jährliche Mitarbeiterbefragungen ändern nichts an der alten Regel, dass Mitarbeitende oft zu einer Firma und einem Markennamen gehen und oft von einem Vorgesetzen/einer Vorgesetzen weglaufen.

Schwung und Motivation kommt in das ganze Verfahren, wenn es kreative Formate zur Mitarbeiterbeteiligung gibt. Und wenn die interne Kommunikation zum Prozess gut ist.

Ein Beispiel aus der Praxis

Kürzlich hatte ich das Vergnügen, in einem Unternehmen Workshops im Nachgang zu einer Mitarbeiterbefragung zu moderieren. Die Ergebnisse waren eigentlich gar nicht so schlecht, auf jeden Fall besser als im Vorjahr. Richtige Überraschungen gab es auch nicht. Schlechte Noten hatten die Mitarbeiter genau für solche Themen gegeben, an denen man seit einiger Zeit arbeitet und die wirklich nicht so einfach zu verbessern sind. Wenn z.B. IT-gestützte Prozesse nicht gut laufen, dann hängt da meist viel dran. Verbesserungen kosten viel und dauern einige Zeit.

Warum waren das gute Workshops?

Zunächst und vor allem war der Teilnehmerkreis gut zusammengestellt. Ein erfrischender Mix von kritischen Geistern und super konstruktiven Leuten. Frauen und Männer, Junge und Ältere. Alle relevanten Rollen und Hierarchiestufen waren vertreten. Alle freuten sich über die Gelegenheit, ihre Meinung sagen zu dürfen.

Vertreter des Managements stellten die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung vor. Menschennah, unkompliziert und mit glaubwürdigem Interesse an den Meinungen und Wahrnehmungen der Teilnehmer. Und dann zogen sie sich zurück, so dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz ungezwungen diskutieren und ihre Kritikpunkte formulieren konnten.

Die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung waren dann gar nicht mehr so sehr das Thema. Das war gut so. Die werden sowieso von HR-Profis ausführlich ausgewertet. Die Ergebnisse der Befragung waren nur der Türöffner. Jetzt legten die Teilnehmenden los und beschrieben ganz konkret, ganz praktisch, was läuft und wo es klemmt in ihrer Arbeitswelt.

Nach- und Nebenwirkungen

Und dann gab es eine echte Management-Präsentation. Sehr wertschätzend für alle! Die Management-Vertreter waren zurückgekehrt, hatten Block und Bleistift gezückt und schrieben viele Anregungen und Verbesserungsvorschläge mit. Ein aufregendes Gefühl: Hier wurde man gehört. Hier konnte man Anregungen direkt in einen Veränderungs- und Verbesserungsprozess einspeisen.

Und ganz zum Schluss kam, was ich selten von Managern höre: eine konkrete Aufforderung, wie mit den Themen des Tages in der Kommunikation umzugehen sei. Meist bleibt es dem Engagement und Talent von Sitzungsteilnehmern überlassen, was sie anderen aus dem Meeting erzählen. Hier forderte der Vertreter des Managements dazu auf, dass alle gerne über den Workshop, die Ziele und die Ergebnisse erzählen sollen. Das ist Mitarbeiterbindung. Denn wer hier beteiligt war, fühlte sich ernst genommen und wer davon erzählte, hat sicher bei Kolleginnen und Kollegen Neugier geweckt und die Motivation, an der nächsten Mitarbeiterbefragung teilzunehmen und auf Verbesserungen zu achten.

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Bildquelle: www.gograph.com