Konflikte und Ergebnisse in Management-Teams kosten oft viel Energie. «Ich habe keine Lust mehr auf diese ganzen Konflikte, diese total unproduktive Unternehmenspolitik“, sagte die erfahrene Teamleiterin aus dem Bereich Unternehmensentwicklung, «ich will mich endlich wieder auf Ergebnisse konzentrieren». Sie hat jahrelang komplexe Projekte im Zusammenhang mit IT und Prozessen geleitet. War engagiert, kompetent, qualifiziert. Und wollte das machen, was Unternehmen von Führungskräften erwarten: sich auf Ergebnisse konzentrieren.

Wir sassen bei einem Kaffee. Sie sah entspannt aus. Vor kurzem hat sie ihren Führungsjob in einem Universitätsspital aufgegeben, um Projektleiterin in einem etwas kleineren Klinikum zu werden. Sie geht bewusst einen Schritt zurück von der Führung ins operative Doing.

Weil sie dort bessere Chancen dafür sieht, genau das zu machen, wovon in Unternehmen immer geredet wird: Ziele setzen, Absprachen einhalten, Aufgaben erledigen, Ergebnisse erzielen.

«Je weiter oben, umso mehr unausgesprochene Konflikte, informelles Strippenziehen und linke Spielchen. Ich werde das nicht vermissen», sagte sie und bestellte nach dem Latte Macchiato einen Prosecco.

Liefertreue und Umsetzungsdisziplin

Was hat die tatkräftige Projektfrau aus dem Gesundheitswesen davon abgehalten, sich voll auf Ergebnisse zu konzentrieren? «Die Konflikte auf Vorstandsebene. Sie haben nicht ausverhandelt, wer zuständig ist. Also gab’s keinen klaren Auftrag und dafür widersprüchliche Ziele.» Wie konnte sie denn trotzdem so busy sein? «Weil es dauernd was zu erledigen gab.»

Dauernd etwas zu erledigen gibt es auch dann, wenn die strategischen Ziele nicht klar sind. Oder wenn Konflikte und Verteilungskämpfe im Management nicht sauber zum Abschluss gebracht sind. Stattdessen werden Arbeitsthemen aufgezählt («Da sind wir dran!»). Weil es einfacher ist, «Ja!» zu isolierten Optimierungen zu sagen als «Jetzt!» zur Klärung grundlegender Fragen.

Ohne Alignment keine überragenden Ergebnisse

In einem Workshop mit dem Management-Team eines Finanzdienstleisters durfte ich mal dazu beitragen, dass – «Jetzt!» – die Bombe platzte. Mein abgestimmtes Workshop-Programm konnte ich nach 1½ Stunden vergessen. Eine Bestandsaufnahme zu laufenden Themen war zwar bestellt, aber total zäh, weil es nicht das war, was dieses Team weiterbrachte.

Ich habe mich auf die explosive Gruppendynamik eingelassen. Was nur ging, weil alle mein Wohlwollen spürten und meinen Optimismus, dass wir den Stier bei den Hörnern packen würden. Ich habe Verständnis für verfahrene Situationen, weil ich davon überzeugt bin, dass alle Beteiligten es lieber anders hätten. Es war ihnen aber nicht gelungen. Jetzt stand ich als externe Moderatorin vor der Gruppe.

Nur sieben Personen. Alle erfahren in Konzernstrukturen. Alle genervt von sich ihrer unproduktiven Gruppendynamik. Klar, hätten sie so weitermachen können. Aber nicht, wenn der Druck gross ist und überragende Ergebnisse erwartet werden. Was heute praktisch überall der Fall ist. Und los ging’s. Genug mit oberflächlicher Höflichkeit und lauwarmen Diskussionen. «Wenn ihr nicht die Konflikte in dieser Gruppe löst, werdet ihr gemeinsam scheitern, weil eure Ergebnisse nicht stimmen.»

Der heisse Stuhl

Für die Programmänderung im Workshop brauchte ich die Gedanken und das Einverständnis aller Teilnehmer. Man nennt das Verlaufssteuerung.

Starke Emotionen, mutige Entscheidung. Ich hätte auch etwas aus der Trickkiste der Moderationstechnik hervorholen können. Stattdessen habe ich eine Situation geschaffen, in der alle sehr ernst und ruhig gesprochen haben. Ich musste nur zuhören. Die Lösung kam, wie so oft, aus der Gruppe. Sie wollten ein Format aus dem Privatfernsehen der 90er Jahre für sich nutzen: der heisse Stuhl.

Das funktioniert so, dass eine Person mit klaren, auch provokanten und polarisierenden Positionen in einer Diskussionsrunde auf einem Stuhl in der Mitte Platz nimmt, um dann mit Personen, die anderer Meinung sind, Standpunkte auszufechten. Alle Mitglieder dieses mutigen Teams nahmen nacheinander auf dem heissen Stuhl Platz und stellten sich der Diskussion.

Als Moderator dieses riskanten Formats habe ich dafür gesorgt, dass die Diskussion wertschätzend blieb, dass Konflikte ausgesprochen wurden und der Wunsch nach Ergebnissen Zielpunkt der Debatte blieb. Am Ende des Workshops gab es gemeinsam vereinbarte Spielregeln der Zusammenarbeit.

Rollen und Persönlichkeiten

Warum dieses Wagnis der Gruppendynamik? Weil allen klar war, dass Konflikte im Management ihren Ausgangspunkt in unterschiedlichen Positionen zu Sachfragen haben, dann aber schnell auch die zwischenmenschliche Ebene beeinträchtigen. Bis zur totalen Blockade.

Am Anfang entstehen Konflikte aus Rollen. Der Marketing-Mensch will investieren; der Finanz-Mensch muss sparen. Der Bereichsfürst will auf seine Weise Leute einstellen; der HR-Mensch die Personalstrategie umsetzen. Der IT-Mann will Stabilität; die Vertriebsleute Innovation.

Am Ende regt man sich über persönliche Eigenschaften auf. Dass eine Person nie auf den Punkt kommt. Und die andere nicht versteht, worauf es wirklich ankommt. Dass diese rhetorisch poltert und jene ihrem Unmut nur hinter vorgehaltener Hand freien Lauf lässt. Dass eine detailverliebt ist und die andere das Big picture liebt.

Alphatiere und Konflikte

Wer als Mitglied eines Top-Management-Teams einen ausgeprägten Führungs- und Gestaltungswunsch hat, exponiert sich per definitionem. Alphatiere sind die kräftigsten, erfahrensten und aktivsten Tiere im Rudel. Sie wollen die Nummer Eins sein. Sie sind in der Lage, für diese Rangordnung andere wegzubeissen.

Mitglieder von Top-Management-Teams sind in aller Regel konfliktfähig. Sie tragen Konflikte allerdings oft auf unterschiedliche Weise aus. Selten lautstark, oft über Eck.

Konflikte und Ergebnisse – diese Zauberformel funktioniert dann, wenn ein Management-Team bereit ist, sich der eigenen Situation zu stellen und miteinander für den gemeinsamen Erfolg zu kämpfen.

Ist es auch in Ihrem Team an der Zeit, unausgesprochene Konflikte zu nutzen, um die gemeinsame Performance zu verbessern? CambiaLINE unterstützt.

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Bildquelle: www.gograph.com