Die digitale Transformation ist der Veränderungstreiber unserer Zeit. Auch in der Bankenwelt. Banken digitalisieren seit ein paar Jahren intensiv ihre Front-Prozesse. Konto-Eröffnung, Kreditkartenbestellung, Hypotheken-Verlängerung online? Fast schon state-of-the-art! eBanking auch auf mobilen Endgeräten – längst schon Pflicht und nicht mehr Kür. Daneben einiges zum Spielen: Budgetplaner und Haushaltsbuch, Persönlichkeitstests für Jugendlich mit Emojis, digitaler Safe zum Hinterlegen persönlicher Dokumente, das digitale Sparschwein Digipigi… Menschen verbringen so viel Zeit online, oft in spielerischer Interaktion mit sich selbst und ihren Themen, dass natürlich auch Banken einen Teil dieser Aufmerksamkeit binden wollen.
«Wo ist der Business case?»
Kürzlich sagte ein Senior-Partner einer Beratungsfirma zu mir, die digitale Transformation in Banken sei oft ein Projekt ohne Business case. Völlig irre! Ein erfahrener Spezialist, der täglich hört und sieht, wie sehr Banken sich durch die fortschreitende Digitalisierung unter Druck fühlen und welche Investitionen sie tätigen, um Dinge zu tun, die alle anderen Banken auch machen, kann nicht erkennen, was das bringen soll.
Die digitale Transformation ist unerbittlich schnell im Tempo und bringt viel Ungewissheit mit sich. Nichts zu tun, ist keine Option. Etwas zu tun, ist auch nicht automatisch zielführend. Digitale Tools an der Schnittstelle zum Kunden sind relativ schnell eingeführt. Die Digitalisierung des Geschäftsmodells ist ein längeres Unterfangen.
Beispiel: Ob ein Tool für digitale Kontoeröffnung mehr Kunden bringt, bleibt ungewiss. Ob es die richtigen Kunden sind, die Folgegeschäft bringen und nicht nur Kosten verursachen, auch. Das Tool allein bringt wenig. Entscheidend ist, wie Kundenberater es in ihren Beratungsansatz mit einbeziehen und für Kundenansprache und -entwicklung nutzen.
Digitale Transformation erfordert den Diskurs
Es ist eine typische Ausgangslage von Change-Prozessen, dass Systeme schneller eingeführt sind als dass sich das Verhalten der Menschen ändert, die schlussendlich etwas anders und besser machen sollen. So ist es auch in der Digitalisierung. Die Chance zum Entwicklungssprung für die Organisation liegt nicht in den Tools, sondern in der Auseinandersetzung. Schaut man genau hin, ist dies der Bereich, in dem Banken sich eher als Getriebene, denn als Treiber der Entwicklung fühlen, wenn sie über Digitalisierung sprechen.
Für Kundenberater ist das nicht einfach. Auf ihnen lastet die Erwartung, ausgerüstet mit digitalen Tools am Markt mehr zu bewegen. Über sie beklagt man sich in Operations/IT, wenn sie an der Front nicht mit Begeisterung nutzen, was man im Back-Office für sie auf die Beine gestellt hat. Die Lösung liegt in einem gesteuerten Diskurs zu Fragen, die eben nicht nur mit Tools, sondern auch mit Kundenbeziehungen und dem Selbstverständnis als Bank und an der Front zu tun haben:
Was bedeutet Nähe zu den Kunden, wenn sie mehr Bankgeschäft ohne Kontakt zum Kundenberater machen wollen oder sollen? Wie findet Kundenbindung statt, wenn die Kunden mit einem Klick bei der nächsten Bank die Konditionen zum vergleichbaren Produkt prüfen? Wie passt ein moderner Online-Auftritt zu einem Kundenstamm, der in die Jahre gekommen ist? Solche Fragen verdienen kreative Antworten, die Front und Digitalisierungsexperten am besten gemeinsam finden.
Digitale Transformation bedeutet: das Lernen lernen wollen
Persönlich bin ich überzeugt, dass Banken die Chancen der Digitalisierung für ihr Geschäftsmodell nur dann ergreifen können, wenn sie eine gewisse Leichtigkeit im Umgang mit der Ungewissheit entwickeln. Das fängt damit an, diese Ungewissheit zu benennen. Bei Licht betrachtet gibt es viel Unsicherheit und Sorge im Thema Digitalisierung. Ein ehrlicher Umgang mit selbstgemachten Zielkonflikten, zu denen es aber auch keine Alternative gibt, würde helfen. Ja, es ist so, dass Self-Service im Widerspruch mit dem etablierten Beratungsansatz vieler Banken steht. Ja, es ist so, dass digitale Tools die ohnehin vorhandene Frage nach dem Sinn eines dichten Filialnetzes unterstreichen. Ja, es gibt jede Menge offener Fragen. Und ja, es gibt die Antworten auf diese Fragen, das Wissen ist in der Organisation.
Drei Handlungsfelder sehe ich, wenn es um kulturelle Transformation im Kontext von Digitalisierung geht:
Geschäftslogik schärfen – «Wir wissen, worum es geht.»
Marktverantwortliche und Digitalisierungsexperten brauchen ein gemeinsames Verständnis darüber, wie die Bank sich in Markt und Wettbewerb erfolgreich positionieren kann und welche Rolle Digitalisierung dabei spielt. Am Anfang steht die strategische Frage «Wozu». Daraus ergeben sich die operativen Konsequenzen im «Was» und «Wie». Die umgekehrte Reihenfolge funktioniert nicht.
Kompetenzen aufbauen – «Wir können, worauf es ankommt.»
Digitalisierung ist ein Lernthema und zwar nicht eines, das man einfach mit ein paar zusätzlichen Seminaren im internen Weiterbildungskatalog lösen kann. Natürlich geht es auch um das Erlernen von Tools, was man bewusst lernen kann. Stärker jedoch geht es darum, bewusst das Lernen zu lernen. Es geht um die Geschäftslogik und um Selbsterneuerung mit Blick auf die Zukunft. Kompetenzen dafür werden nur aufgebaut, wenn Raum und Zeit für die gemeinsame Bearbeitung der relevanten Fragen geschaffen werden.
Verbindlichkeit herstellen – «Wir tun, was wir verabredet haben.»
Erfolgreiche Digitalisierung ist etwas Bereichsübergreifendes. Entsprechend muss das Thema Teil der regulären Führung und Zusammenarbeit in der Organisation werden. Dazu gehört auch, dass die Back-Office- und Support-Funktionen, die Digitalisierungsprojekte treiben, front-nah positioniert sind. Verbindlichkeit entsteht über Governance-Strukturen in Projekten und Hilfestellung in der Umsetzung. Und am meisten verbindet und motiviert der gemeinsame Erfolg.
Sie stehen selbst vor einem Kulturwandel in Ihrer Organisation? Sie möchten die Transformation von Business und Kultur nicht ungesteuert geschehen lassen? Melden Sie sich. Sowas gehört zum Kerngeschäft von CambiaLINE.
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Bildquelle: www.gograph.com