Ein absolutes Hot-Topic für Firmenchefs ist das Alignment im Führungsteam. Immer wieder erlebe ich, wie Führungsteams um Performanz ringen und ernsthaft Energie investieren müssen, bevor sie gut zusammenarbeiten.
Viele Führungskräfte sind genervt von dem, was sie im Top-Team erleben: ineffiziente Sitzungen, lange Entscheidungsprozesse, fehlende Verbindlichkeit in der Umsetzung von gemeinsamen Entscheiden, wenig Mut zur Konfliktlösung, Pseudo-Harmonie im direkten Miteinander und im Gespräch mit anderen dann die Klagen über die mühsame Zusammenarbeit.
Das Bedauerlich daran ist: Auf diese Weise verschleissen sich Menschen, die nichts gegeneinander haben, die sich meistens sogar in ihrer Unterschiedlichkeit respektieren. Aber in der Zusammenarbeit strapazieren sie sich, manchmal sogar so stark, dass ihre komplementären Stärken nicht mehr zur Entfaltung kommen.
Wenn Alpha-Tiere aufeinandertreffen
Alignment im Führungsteam ist eine Daueraufgabe und nicht ohne bewussten Initialaufwand zu schaffen. Denn in gewisser Weise ist der Sand im Getriebe eines Top-Teams etwas Normales. Schliesslich treffen dort Alpha-Tiere aufeinander, die Freude an der Macht bzw. am Gestalten und Entscheiden haben.
Im Tierreich bilden Alpha-Tiere kein Rudel, sie leiten es, und zwar allein. Viele Führungskräfte, die es bis in die Geschäftsführung geschafft haben, verhalten sich ähnlich: Sie stehen gern in der Rangordnung an der Spitze und insofern hat der Erfolg des eigenen Verantwortungsbereich für sie Priorität.
Sie haben als Einzelpersonen Karriere gemacht, können sich durchsetzen und ihre Position vertreten. Vielleicht können sie Mitarbeitende gut führen, aber ob sie sich selbst gut führen lassen und wie teamfähig sie sind, steht auf einem anderen Blatt.
Gemeinsam für das Wohl des Unternehmens
Alignment im Führungsteam lebt davon, dass es in dieser Gruppe um übergeordnete Interessen geht. Hier hat nicht der eigene Verantwortungsbereich Priorität, sondern das Zusammenwirken aller zum Wohle des Unternehmens. Das bedeutet: Was sonst Prio 1 ist, nämlich der eigene Verantwortungsbereich, muss hier Prio 2 sein.
Insofern ist es eine grosse Chance für das Alignment im Führungsteam, wenn Veränderungsphasen zu bewältigen sind, wie bei Strategiewechsel, Krisenbewältigung oder Kulturwandel.
In diesen besonderen Momenten der Organisationsentwicklung kann die Arbeit auf der Sachebene bewusst mit Arbeit auf der Beziehungsebene verbunden werden.
Alignment im Führungsteam – auf der Beziehungsebene
Persönlich finde ich es schwierig, wenn versucht wird, z.B. Vertrauen oder Ehrlichkeit im Umgang miteinander durch Outdoor-Erfahrungen oder Wertediskussionen herbeizuführen.
Es ist aus meiner Sicht weder nötig noch zielführend, einander z.B. auf einem Baumwipfelpfad bei der Überwindung von Höhenangst zu beobachten oder private Wertvorstellungen zu diskutieren.
Sinnvoll und angemessen hingegen ist, unterschiedliche Kommunikations- und Verhaltensstile zu erkennen und zu diskutieren, denn beides ist spürbar in Führung und Zusammenarbeit.
Befasst sich ein Führungsteam mit individuellen Präferenzen in Kommunikation und Verhalten, kann es Aspekte von Persönlichkeit direkt auf Spielregeln der Zusammenarbeit beziehen. Zunächst einmal entsteht eine gemeinsame Sprache auch für trennendes Verhalten, idealerweise sogar ein wohlwollendes Verständnis für Andersartigkeiten.
Darauf aufbauend kann explizit verhandelt werden, wie die Mitglieder des Führungsteams einander entgegenkommen können. Denn wenn klar ist, wie der oder die andere tickt, kann man einfacher darauf eingehen.
Kurzum: Alignment im Führungsteam muss immer zunächst unterschwellige Konflikte auf der emotionalen Ebene lösen, bevor auf der Sachebene produktiv zusammengearbeitet werden kann.
Alignment im Führungsteam – auf der Sachebene
Schlussendlich muss sich die Performance eines Führungsteams in Lieferkraft und erfolgreicher Strategieumsetzung zeigen. Das bedeutet, dass Entscheidungen getroffen werden, die Konsequenzen aus diesen Entscheidungen gezogen und mit Disziplin umgesetzt werden. Voraussetzungen dafür sind zielführende Kommunikation, Konfliktfähigkeit, Verbindlichkeit und schlussendlich auch das Erlebnis des gemeinsamen Erfolgs.
In Veränderungsphasen wird besonders deutlich, dass die Mitglieder des Führungsteams nicht nur im Thema gut zusammenarbeiten müssen, sondern auch den gemeinsamen Blick auf das Geschehen in der Organisation brauchen.
Es geht nicht immer nur darum, was gerade wie zu tun ist, sondern auch um Fragen wie: Warum ist die Situation so, wie sie ist? Welche Voraussetzungen müssen wir schaffen, damit es anders wird?
Alignment im Führen von Veränderung
Nicht nur im System arbeiten, sondern vor allem gemeinsam am System arbeiten – das ist die Kernaufgabe von Führung. Genau das ist die höchste Form von Alignment im Führungsteam: gemeinsam reflektieren, wie die Organisation funktioniert und gemeinsam daran arbeiten, dass sie besser funktioniert.
Führungsteams, die Organisationsentwicklung gemeinsam steuern (z.B. in Veränderungsprozessen), brauchen Alignment und werden gleichzeitig ihr Alignment weiter verbessern. Auf diese Weise schaffen sie über den laufenden Veränderungsprozess hinaus die Voraussetzungen für den individuellen und gemeinsamen Erfolg.