Wie funktionieren Organisationsentwicklung und Change heute? Agil oder nicht agil? Das ist im Grunde eine nachgeordnete Frage. Mein Beratungsansatz ist: Welches die «richtigen» Tools und Methoden für eine Organisation sind, hängt davon ab, was aus welchen Gründen verändert werden soll. Agilität kann, muss aber nicht die Lösung sein.

Mit den richtigen Tools und Methoden lassen sich Organisationen systematisch verändern. Das ist die Erwartung von Führungskräften und die Existenzberechtigung von Organisationsberatern. Agil oder nicht agil, klassisch, hybrid oder einfach pragmatisch – entscheidend ist, dass eine Dynamik erzeugt wird, die zum strategischen Ziel führt.

Methoden und Werte

Seit ein paar Jahren erhält in der Organisationsentwicklung die Methodenfrage viel Aufmerksamkeit. Wir haben der Software-Entwicklung, die die Vorteile von Agilität seit zwanzig Jahren kennt, viel zu verdanken. Vor allem die Erkenntnis, dass Methoden kulturbildend wirken.

Agil bedeutet veränderungsfähig, flexibel, aktiv, innovativ. Agil arbeiten bedeutet: sich selbst organisierende Teams setzen die Potenziale der Organisation frei. Iterativ und inkrementell vorgehen bedeutet: ergebnis- bzw. nutzerorientiert und zügig vorankommen. Fehlerkultur bedeutet: als Organisation besser werden.

Genug Mut zur Innovation?

Agilität ist aber weder ein Allheilmittel, noch ist Agilität an sich ein Selbstzweck, noch sind agile Methoden der einzige Weg, um z.B. interdisziplinär und kundenorientiert zu arbeiten.

In meiner Tätigkeit als Beraterin habe ich in den letzten zwei Jahren auch schon Scherben zusammengekehrt, die durch das Experimentieren mit agilen Methoden entstanden sind.

Da gab es die Firma, die in schönster Kreativität Design-Thinking-Workshops durchgeführt hatte und dann keines der Ergebnisse verwendete. Es fehlte das Budget für Innovationen. Der Produktbereich hatte begeistert mit Lego und Knetmasse gespielt, die der auf Design-Thinking spezialisierte Workshop-Moderator mitgebracht hatte. Leider hatten die intern Verantwortlichen versäumt, ihren Auftrag und die Rahmenbedingungen zu klären. Nachdem das nachgeholt war, ging es relativ konventionell weiter im Projekt.

Agil oder nicht agil

Ich erinnere mich an das mittelständische Familienunternehmen, das eine halbherzige Umstellung auf SAFe for lean enterprises nach einem Jahr abgebrochen hatte. Rollen und Entscheidungsprozesse waren weder verstanden noch konsequent eingeführt. Von der Begeisterung für Agilität sind ein paar Kanban-Tafeln geblieben, auf denen To Do’s aus dem Tagesgeschäft gesammelt wurden.

SAFe war leider nicht anschlussfähig an die Gegebenheiten der Organisation gewesen. Es hat die Glaubwürdigkeit der Führung aus Sicht der Mitarbeitenden nicht gerade gestärkt, mit der Gesamtorganisation zu experimentieren. Immerhin konnten im Anschluss daran ein paar überfällige und total klassische Hausaufgaben erledigt werden: die Klärung von Rollen, Führung, Zusammenarbeit und Entscheidungsprozessen.

Agil oder nicht agil – auch bei der Methodenfrage gilt: Wenn Führungskräfte bekommen, was sie wollen, ist es nicht automatisch das, was die Organisation wirklich braucht. Gemeinsam herauszufinden, worauf es wirklich ankommt, das ist der erste spannende Schritt in Change-Vorhaben.

Mein Ansatz: Hybridmotor der Veränderung

Ich vertrete einen methodenunabhängigen Ansatz. In meinem Werkzeugkoffer befinden sich agile und klassische Instrumente. Ich setze Tools und Methoden so ein, dass sie den Weg vom IST zum SOLL einer Organisation unterstützen.

Mein Ansatz ist eine Mischung aus agil und nicht agil. Es ist sozusagen ein Hybridmotor, mit dem ich Veränderungen vorantreibe. Dieses Hybridmodell wird jeweils individuell montiert. Weil ich das schon viele Jahre tue, bin ich relativ schnell und treffsicher. Ich greife auf bewährte Methoden und Erfahrungen zurück. Prozessführung bedeutet für mich, dass ich im Verlauf des Prozesses den Motor weiter tune, so dass die Organisation ihre Veränderungsziele wirklich erreicht.

Agil oder nicht agil ist für mich keine einengende Frage. Das agile Manifest bestätigt aus meiner Sicht bestätigt grundlegende Werte und Prämissen von Change-Management. Ich denke, dass eine Vielzahl von Methoden diesen Leitsätzen entsprechen:

  • Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
  • Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
  • Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
  • Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans

Die Werte auf der linken und auf der rechten Seite werden als wichtig erkannt. In der agilen Zusammenarbeit kommt den Werten auf der linken Seite eine höhere Bedeutung zu.

Bewusste Wahl der Mittel

Wie stark die Vorgehensweise im Change agil oder nicht agil sein sollte, hängt von den Strukturen und dem Kontext einer Organisation ab. Grundsätzlich kann gelten:

  • Je wichtiger die Innovationskraft für das Geschäftsmodell ist, desto adaptiver sollten die Strukturen der Organisation sein, desto mehr Agilität sollte in der Veränderung erzeugt werden.
  • Je weniger vorhersehbar das Geschehen im Umfeld der Organisation ist, desto agiler sollte sie ein. Je besser planbar das Geschehen ist, desto klassischer kann die gewählte Vorgehensweise in der Organisationsentwicklung bzw. Strategieumsetzung sein.
  • Je komplexer ein Projekt und je länger der voraussichtliche Projektverlauf ist, desto agiler müssen Prozessführung und Arbeitsweise sein. Auch für die Steuerung von oftmals längeren Veränderungsprozessen empfiehlt sich z.B. ein Vorgehen in Sprints und agiles Projektmanagement.

Das alles bedeutet, dass eine Organisation wissen muss, wo sie steht und wieviel Agilität sie braucht. Veränderungsvorhaben erfordern dann eine klare Entscheidung für die Bedeutung agiler Methoden. Was ist sinnvoll?

Ist es ein klassisches Change-Projekt, in dem bestimmte Ziele und Ergebnisse erreicht werden sollen (change without agile)? Ist es eine Transformation, bei der Veränderung und Tagesgeschäft verschmelzen und vor allem die Veränderungsfähigkeit der Organisation erreicht werden soll (change to agile)? Oder ist es ein abgrenzbares Vorhaben in einem bereits hochflexiblen und adaptiven Umfeld (change within agile)?

In meinen Change-Projekten setze ich gern auf agiles Projektmanagement, interdisziplinäre Teams und eine sehr bewusste Gestaltung von Interaktion und Partizipation. Wo sinnvoll und möglich wähle ich Arbeitsformen, die Kreativität und Innovationskraft freisetzen. Die Change-Architektur ist immer fallspezifisch.

Selbstreflexion von Organisationen

Wie agil oder nicht agil die Veränderung der Organisation gestaltet wird, hängt davon ab, wie viel Agilität sie braucht, um zukunftsfähig und dauerhaft erfolgreich zu sein.

Es kann sein, dass gar nicht so viel Agilität erforderlich ist. Das gilt aber nur, wenn das Geschäftsmodell wenig abhängig von Innovation ist. Persönlich denke ich, dass dies z.B. in vielen Einrichtungen des Gesundheitswesens der Fall ist, auch wenn der technologischer Fortschritt Prozesse und Möglichkeiten verändert.

Gewachsene Unternehmen habe oft einen Reifegrad erreicht, der viel Professionalität und ein gefestigte Markenbekanntheit unterstützt. Gleichzeitig brauchen sie mehr Veränderungsfähigkeit, um sich auf Umfeldveränderungen einzustellen. Persönlich denke ich, dass viele insbesondere grössere Unternehmen in diese Kategorie fallen.

Ich sehe viele traditionelle Geschäftsmodelle am Übergang von klassischen zu adaptiven Strukturen. So arbeiten u.a. Banken, Versicherungen, Automobilhersteller und durchaus auch grosse Technologieanbieter seit einigen Jahren daran, schneller, innovativer und flexibler zu werden.

Welche Organisationen sind tatsächlich auf vollständig adaptive Strukturen angewiesen, weil sie sich in einem dauerhaft chaotischen Kontext bewegen? Vielleicht globale Virologen-Netzwerke, die an einer Anti-Corona-Impfung arbeiten? Sicher profitieren auch stark wissensbasierte und trendabhängige Unternehmen wie Kreativagenturen oder Consulting-Companies von ausgeprägter Agilität.

Agile Transformation

Power of  Choice

Unternehmen, die ihre Strategie umsetzen wollen, die Veränderungsdynamik erzeugen und Mitarbeiterpotenziale freisetzen möchten, die Führung und Zusammenarbeit organisieren wollen, sind bei mir gut aufgehoben. Unternehmen, die Holocracy, SAFe oder Scrum wollen, sind bei mir nicht richtig.

Aber wenn Sie Energie und Ressourcen sehr bewusst einsetzen wollen, ohne die Lösung in Form von Methoden schon im Kopf zu haben, dann bin ich die richtige Person, um Sie mit Kompetenz und Erfahrung durch die Veränderung zu begleiten.

Weiterführende Links in diesem Zusammenhang

Bildquelle: www.gograph.com