«Was» und «Wie» statt «Wozu» und «Wohin».

Strategieumsetzung richtig planen bedeutet: die unterschiedlichen Ebenen von Strategieentwicklung und -umsetzung zu beherrschen. Klingt einfach, ist aber nicht trivial. Die Versuchung, das nicht zu tun und stattdessen direkt in operative Themen der Strategieumsetzung hineinzugaloppieren ist riesig.

In Sitzungen erlebe ich oft, wie mit Feuereifer und völliger Verachtung jedes Zeitplans diskutiert wird, was denn wie zu tun sei. Dagegen ist nichts einzuwenden, sofern es sich um das Arbeitstreffen einer Projektgruppe handelt oder von KollegInnen, die gemeinsam ein operatives Thema bearbeiten.

Fatalerweise setzt derselbe Reflex auch in vielen Sitzungen von Management-Teams oder Projektsteuerungsgremien ein. Die Beteiligten stürzen sich auf die Sachebene und ins Detail.

Unzufrieden und ergebnislos

Solche Diskussionen in Management-Teams enden oft unbefriedigend. Kein Wunder. Denn für eine echte Arbeitssitzung sind weder die richtigen Leute am Tisch, noch reicht die Zeit, die ja nur für ein Status-Update oder Richtungsentscheide kalkuliert war.

Auch für die operativ Verantwortlichen enden solche Diskussionen oft unbefriedigend. Hierarchisch höher gestellte Führungskräfte, meist inhaltlich relativ weit weg vom Projektgeschehen, bringen Sichtweisen und Teilkenntnisse ein. Manches, was im Projekt mit Mühe erarbeitet wurden – Analysen, Konzepte, Hintergrundwissen – wird «overruled». Nicht automatisch zum Nachteil des Projekts, denn die Auseinandersetzung mit Inhalten innerhalb eines Führungsteams hat auf jeden Fall den positiven Effekt der wechselseitigen Kalibrierung, Konsensbildung oder Konfliktlösung, hoffentlich auch der Akzeptanz. Aber war das das explizite Ziel der Sitzung?

Disziplin in Sitzungs- und Gedankenführung

Eine häufige Unterlassungssünde, gerade auch bei erfahrenen Führungskräften, ist die fehlende Zielsetzung der Debatte. Voller Tatendrang springt man ins Thema. Keiner stellt die Fragen «Warum diskutieren wir heute dieses Thema?» und «Was soll das Ergebnis unserer Diskussion sein?»

Das mag banal klingen, aber so banal ist es eben gar nicht. Wer voll im Thema steckt, vergisst unter Umständen, einführend noch mal kurz auf den Punkt zu bringen, mit welcher Erwartung das Thema gestartet ursprünglich wurde oder was der letzte Stand der Diskussion ist, an den man heute anknüpfen wollte. Und so fehlt schlicht und ergreifend der explizit genannte gemeinsame Referenzpunkt der Diskussion.

Zur fehlende Disziplin in der Sitzungsführung und in der gemeinsamen Gedankenführung kommt natürlich noch die ganze Dynamik einer Gruppe von Alpha-Tieren hinzu. Die Arbeitsbeziehungen sind nicht zwischen allen Mitgliedern gleich gut, es gibt Allianzen und Konflikte. Diskussionen auf der Sachebene sind nicht selten auch von diesen unausgesprochenen Emotionen und Gemengelagen geprägt. Und so setzt sich nicht automatisch das beste Argument durch, sondern es wirken die bestehenden Machtverhältnisse.

Auf welcher Ebene diskutieren wir gerade?

Seit Jahren verwende ich ein ganz einfaches Bild, um für mich selbst und andere zu klären, auf welcher Ebene die Diskussion gerade läuft. Eine Pyramide mit Ebenen der Strategieumsetzung. Ich gebe zu, dass die vermeintlich einfachen Leitfragen insbesondere nach Vision/Mission und übergeordneten strategischen Zielen manchmal die ersten Fragezeichen aufwerfen.

Das ist der Fall, wenn man auch in der Strategiedefinition der Versuchung erlegen ist, das «Was» und das «Wie» zu definieren, statt für ein klar formuliertes «Wozu» und «Wohin» zu sorgen. Wenn ein Unternehmen die Nummer 1 im Markt für irgendetwas sein will, ist das keine Vision, sondern die Messlatte für Zielerreichung. Eine Vision muss von Positionierung und Kundennutzen handeln, dadurch wird ein Feld markiert, das für das Unternehmen attraktiv ist, weil es für Kunden attraktiv ist.

Pyramide Strategieumsetzung

Wenn ein Unternehmen internationalisieren will, ist das auch keine Vision, sondern eine strategische Stossrichtung. Wenn ein Unternehmen in einem Land eine Tochtergesellschaft gründet, ist das nicht Internationalisierung und auch nicht eine strategische Stossrichtung, sondern Teil eines operativen Umsetzungskonzepts.

Ganz persönlich finde ich: Diskussionen auf vielleicht nicht genau der Ebene, die man ursprünglich behandeln wollte, haben immer auch ihr Gutes. Energie ist da, Engagement ist da, Standpunkte werden sichtbar. Und dann gibt es einen Punkt, da kann es für alle entlastend sein, wenn die Frage gestellt wird, auf welcher Ebene die Diskussion gerade läuft und auf welcher Ebene sie laufen müsste.

Probieren Sie’s aus.

Weiterführende Links in diesem Zusammenhang

Bildquelle: www.gograph.com