Im April haben wir auf unserer Website gefragt: «Was verstehen Sie unter Stakeholder-Management?». Ein Thema, das für Führungskräfte und Projektleiter spannend ist. Viele wünschen sich, damit die Regie im Thema zu übernehmen, auf dass die handelnden Akteure sich in ihrem Sinne bewegen. Aber natürlich ist Stakeholder-Management kein Marionettentheater. So einfach ist es nicht.
In unserer kleinen Umfrage gab es kein richtig oder falsch. Alle Fragen zielten auf Einzelaspekte von Stakeholder-Management. Die Verteilung der Klicks gibt einen Eindruck, wo Menschen in Organisationen den Schwerpunkt sehen.
Kein Marionettentheater
In Projekten ist fast immer die Rede davon, viele Führungskräfte verbringen viel Zeit damit – und doch ist nicht immer klar, was gemeint ist mit «Stakeholder Management». Es hält es für wichtig. Man spricht respektvoll über Kollegen, die es beherrschen, aber oft auch so, als ob sie etwas leicht Anrüchiges täten.
Stakeholder-Management hat zweifelsohne mit Einflussnahme zu tun. Was nicht gleichbedeutend mit «beeinflussen» im Sinne von «informell manipulieren» sein muss. Natürlich gibt es in Unternehmen Menschen, die Meister und Meisterinnen im informellen Strippenziehen sind. Was viele Menschen in sehr politischen Unternehmen für ein Erfolgsrezept halten. Wenn man aber über Stakeholder-Management hinter vorgehaltener Hand spricht, dann ist es mittelfristig nicht gut für die Reputation des Strippenziehers.
Integer führen ohne Vorgesetztenfunktion
Stakeholder sind Einzelpersonen oder Gruppen, die ein berechtigtes Interesse am Verlauf oder Ausgang eines Projekts oder an der Durchsetzung oder Nicht-Durchsetzung eines Themas haben und auf den Erfolg der Sache Einfluss nehmen können. Nicht alle, die sich interessieren, sind im engeren Sinne Stakeholder.
Stakeholder-Management bedeutet, auf integre Weise die relevanten Anspruchsgruppen für die Unterstützung eines Themas zu gewinnen. Alle, die in Querschnittsfunktionen oder an zentraler Stelle in einem Unternehmen arbeiten und nicht per Dienstanweisung Umsetzung verlangen können, müssen Stakeholder-Management beherrschen. Alle anderen, die Menschen oder Themen führen, auch.
Kommunikation und mehr
Irgendwie beruhigend, dass nur 9% der Teilnehmenden an unserer Blitzlicht-Umfrage unter Stakeholder-Management vor allem interne Kommunikation verstanden. Natürlich ist es wichtig, zu strategischen Projekten oder Umsetzungsthemen, die kontrovers diskutiert werden, interne Zielgruppen informiert zu halten. Natürlich ist es wichtig, interne und auch externe Zielgruppen, die den erfolgreichen Verlauf eines Projekts gefährden können, angemessen zu informieren und auch zu beteiligen.
Doch obwohl Stakeholder-Management ganz sicher eine Paradedisziplin für Kommunikatoren ist, mit interner Kommunikation im klassischen Wortsinn kann man es nicht gleichsetzen. Alle exponierten Umsetzungsthemen verdienen eine gute interne Berichterstattung und einen guten Informationsfluss über die Linie. Beides hilft, Verständnis und Akzeptanz im Thema zu erreichen. Doch damit fängt Stakeholder-Management überhaupt erst an.
Stakeholder kennen und adressieren
Knapp ein Fünftel der Teilnehmenden meinen, dass Stakeholder-Management das systematische Eingehen auf Anspruchsgruppen ist. Eine Definition, in der alles enthalten ist, was es für gutes Stakeholder-Management braucht. Wer das macht, kennt seine Stakeholder. Das ist nicht selbstverständlich. Eine wohl überlegte Stakeholder-Landkarte zu erstellen ist ein ernsthafter Arbeitsschritt. Es erfordert eine aufmerksame Reflexion des Umfelds und eine Bewertung der Beziehungen, die zwischen einem selbst oder einem Thema und den verschiedenen Anspruchsgruppen und Interessensvertretern bestehen.
Systematisch auf Stakeholder einzugehen bedeutet, ihren Informationsbedarf einzuschätzen, ihre Einbindung ins Geschehen als Entscheider oder Mitwirkende sorgfältig zu planen und vor allem: Zeit für die Beziehungspflege zu investieren, in der Sache und durchaus auch zwischenmenschlicher Ebene. Ziel muss ja sein, Rückenwind für ein Thema, ein Vorgehen und vielleicht auch einen persönlichen Führungsstil in der Sache zu erhalten.
Einbindung und Konsensbildung
Knapp ein Drittel der Umfrageteilnehmenden versteht unter Stakeholder-Management vor allem die Abstimmung mit Interessensvertretern. Das spiegelt die gängige Praxis, Entscheidungen vor Sitzung des Entscheidungsgremiums hinreichend vorzubereiten. Es ist vermutlich eine Stärke von Schweizer Unternehmen, die Erfahrung mit basisdemokratischen Mechanismen auch im Business einzubringen. Aber auch in Konzernen mit komplexen Matrixstrukturen empfiehlt es sich, Vorschläge mit allen, die einen «Stake» in der Sache haben, zu besprechen und ihre Punkte aufzunehmen, bevor die Entscheidungsvorlage ins entsprechende Gremium geht.
Und logischerweise sollten die Mitglieder von Projektgremien keine unangenehmen Überraschungen erleben, wenn sie im Meeting sind, sondern hinreichend «abgeholt» sein, insbesondere wenn es kritische Themen gibt.
Strategien im Stakeholder-Management
Erfolgreich in der internen Beziehungspflege ist, wer die Politik des Unternehmens versteht und seine eigene Positionierung auch selbstkritisch reflektiert. Nur so ist die pro-aktive Einflussnahme möglich. Dazu gehört, das eigene Netzwerk zu entwickeln, das eigene Licht nicht unter den Scheffel zu stellen und eigene Erfolge sichtbar zu machen. Angeraten ist auch politisch geschickte Kommunikation, was nicht bedeutet, die Dinge nicht beim Namen zu nennen, sondern vielmehr zu wissen, wann wie viel bei wem in welchem Ton und mit welcher Haltung kommuniziert wird. Stakeholder-Management bedeutet auch, nicht naiv zu sein und turbulente Phasen ohne persönlichen Schaden zu überstehen. Wo Sabotage droht, hilft nur die Flucht nach vorn – auch das in kluger Nutzung informeller Strukturen.
Was bedeutet das für Führungskräfte?
Wer in einer Führungsposition kein sorgfältiges Stakeholder-Management betreibt, wird früher oder später mit seinen Themen scheitern oder ins Stocken kommen. Denn es gibt immer Projekte, die das Potenzial haben, nicht glatt durchgewunken zu werden.
Wer fachlich oder persönlich nicht integer unterwegs ist, wird trotz noch so intensivem Stakeholder-Management letztlich nicht die dauerhaft akzeptiert werden. Und wie Stakeholder-Management ganz konkret funktionieren kann, dass gilt es im Einzelfall zu erarbeiten. Wir können Ihnen dabei behilflich sein.
Die Umfrageergebnisse
Unter Stakeholder-Management verstanden 23% die informelle Einflussnahme, 27% die Abstimmung mit Interessensvertretern, 9 % interne Kommunikation und 23% Entscheider-Kommunikation im Projekt. 18% verstanden darunter das systematische Eingehen auf Anspruchsgruppen.
Weiterführende Links in diesem Zusammenhang
Bildquelle: www.augsburger-puppenkiste.com