Spielarten der Veränderung gibt es verschiedene. Zu Beginn eines Change-Prozesses ist es sinnvoll zu klären, um welcher Spielart der Veränderung es geht. Daraus ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorgehen und die Wahl der Instrumente im Change-Management.
Im Oktober fragten wir auf unserer Homepage: «Wie erleben Sie Veränderung in Ihrer Organisation?» Herausfinden wollte ich, inwiefern Veränderung in Unternehmen bewusst oder unbewusst gesteuert wird und welche Art von Zielen dabei angestrebt werden.
Das Ergebnis ist frappierend realitätsnah. Im Kern bestätigt die schnelle Blitzlichtumfrage, dass in den allermeisten Unternehmen (knapp 60%) permanent vieles optimiert wird, teils bewusst, teils unbewusst. In gar nicht mal so wenigen Fällen ist die Veränderung durch eine Krise verursacht (10%) oder folgt dem bewussten Entscheid für einen ganz grundsätzlichen Umbau der Organisation (4%). Meine These ist: Wenn irgendwo radikal verändert wird, hat man unter Umständen vorher zu lange «nur» optimiert.
Spielarten der Veränderung: Change, OE oder Evolution?
Die Frage ist: Passiert der Wandel permanent oder episodisch, bewusst oder unbewusst. Begrifflich lässt sich reguläre Organisationsentwickung dem permanenten Lernen zuordnen. Echte Transformations- oder auch Change-Projekte finden auf der Ebene des bewussten Lernens statt.
Permanente oder episodische Spielarten der Veränderung
Wirklich kritisch finde ich die Vorstellung der Evolution. In manchen Unternehmen ist der Begriff positiv besetzt, weil er eine natürliche Veränderung hin zum Besseren suggeriert. Und ja: Die unbewusste Variation des Bestehenden ist im Idealfall ein Verbesserungsprozess. Aber Vorsicht: Kann sein, dass sich durchsetzt, womit man intern weiterkommt und nicht, was das Unternehmen am Markt erfolgreich macht. Evolution ist das Prinzip Zufall und nicht besonders agil. Es kann Qualität, Innovation, Kundenorientierung, Effizienz und andere gute Effekte hervorbringen. Vielleicht und irgendwann.
Anders ist es, wenn bewusst dauernd optimiert wird. Dann wird immer irgendetwas irgendwie besser. An allen Stellen des Unternehmens wird permanent gelernt, wie Dinge besser gemacht werden können. Das ist gut und daran führt sowieso kein Weg vorbei. Häufig entstehen dadurch jedoch eine Vielzahl von Optimierungsprojekten und operativer Dauerstress für Führungskräfte und Mitarbeitende. Nichts gegen die einzelnen Veränderungsvorhaben. Schnell geht aber auch der Fokus verloren. Und es bleibt fraglich, ob viele Optimierungen im Einzelnen auch die dauerhafte Ausrichtung des Unternehmens verbessern.
Diese Formen permanenter Veränderung ergeben historisch gewachsene Strukturen und irgendwann die Notwendigkeit der systematischen Erneuerung. Im schlimmen Fall gerät das Unternehmen in eine Krise und durchläuft eine Episode des erzwungenen Umbaus. Im selbstgewählten Fall einer radikalen Transformation entscheidet sich das Management für einen ebenfalls grundlegenden Umbau. Vom Zeitpunkt her ist es dann einfach noch nicht fünf vor zwölf, sondern vielleicht viertel vor zwölf. Wird vorübergehend grundlegend in Abläufe und Strukturen eingegriffen, ist die Chance relativ hoch, dass die Aktivitäten auf eine definierte Strategie einzahlen. Allerdings sind das meist schmerzhafte Prozesse.
Die lernende Organisation
Im Idealfall ist permanente Weiterentwicklung an einen strukturierten Strategieprozess gekoppelt. Das Unternehmen gestaltet den eigenen Lernprozess und richtet sich systematisch auf Markt und Wettbewerb aus. Systemisch denkende Leser verstehend darunter das Lernen 2. Ordnung. Es wird nicht nur gelernt, wie etwas gemacht wird. Es wird gelernt, wie gelernt wird. Unternehmen, die eine stete Selbsterneuerung mit Blick auf die Zukunft anstreben, stellen sich zyklisch Fragen nach der Ausrichtung der Organisation. Sie setzen sich mit externen Faktoren auseinander, verstehen ihren Markt, reflektieren interne Gegebenheiten und leiten zielgerichtete Veränderungen ein.
Die Umfrageergebnisse
18% glauben, dass Veränderung in Ihrer Organisation evolutionär passiert. Zu den besonders häufigen Spielarten gehört die permanente Optimierung an vielen Stellen der Organisation, wie 40% der Klicks angaben. 10% verändern sich in einer Krise. 4% durchlaufen eine radikale Transformation, weil das Unternehmen derart im Umbruch ist, dass ein grundlegenden Umbau notwendig ist.
Weiterführende Links in diesem Zusammenhang
Spielarten der Veränderung erklärt das Buch von Reinhard Nagel und Rudolf Wimmer: Systemische Strategieentwicklung. Stuttgart (Schaeffer Pöschel), 6. Auflage 2014.