In den letzten Wochen hatte ich verrückt viel Freude an einem wenig kreativen, vielmehr total strukturierten und im Detail ordentlichen Thema: am Aufsetzen eines Project Management Office (PMO) für ein recht umfassendes Veränderungsprojekt.

Denken Sie, dass ein PMO vor allem mit Administration und Reporting beschäftigt ist? Eine Art Sekretariat für die Projektleitung? Ja, das ist auch ein Teil der Wahrheit. Aber eben nicht die ganze. Ein richtig aufgesetztes PMO ist viel mehr: Es schafft die Grundlagen für die Steuerung des Projekts – über Qualitätsmanagement, Risikomanagement, Fortschrittskontrolle, Roadmap und Meilenstein-Reporting. Wenn der Projektleiter das PMO gut führt, wird er sich teilweise vom PMO führen lassen.

Handwerkszeug für den produktiven Dialog

Es ist kein Hexenwerk, aber auch nicht ganz trivial. Beim Aufsetzen des PMO geht es darum, ein paar klug strukturierte Tools zu etablieren, mit denen die Fülle der Ereignisse im Projektverlauf beherrschbar bleibt. Bei mehreren Teilprojekten und einer gewissen Komplexität ist es nicht nur hilfreich, sondern fast notwendig, Aktivitäten und Lieferergebnisse nach einheitlicher Methodik greifbar und besprechbar zu machen. Microsoft Project, Excel, PowerPoint-Templates – die Wahl der Tools ist nicht entscheidend. Hauptsache, sie dienen dazu, auf Basis einheitlich strukturierter Unterlagen einen systematischen Austausch über das Geschehen in den Teilprojekten stattfinden zu lassen. Diese Verlaufssteuerung findet statt in einer geregelten Abfolge von Meetings auf der Arbeitsebene und im Projektsteuerungsgremium. Das alles klappt natürlich nur, wenn es durchgesetzt und durchgehalten wird.

Das Anti-Beispiel

Ich erinnere mich an ein ziemlich wuchtiges Restrukturierungsprogramm, in dem aus Scheu vor dezentralen Kräften auf ein einheitliches Projektmanagement verzichtet wurde. Der Projektleiter wollte den Teilprojektleitern, die teilweise hierarchisch einige Ebenen über ihm standen, einfach nicht zu nahetreten. Und so betonte er die Umsetzungsverantwortung der Führungskräfte, ohne ihnen auf Augenhöhe entgegenzutreten. Auch das PMO war nicht mit der nötigen Durchsetzungskraft ausgestattet. Es nahm zugelieferte Inhalte aus den Projekten entgegen und konsolidierte diese. Viel bottom-up, wenig top-down. Es gab während der gesamten Laufzeit des Programms keine aussagekräftige Roadmap, keine Teilprojektpläne und nur wenig Transparenz über das Erreichen oder Nicht-Erreichen von Meilensteinen. Verbindlich war lediglich eine unverrückbare Deadline, die alle erreichen mussten. Und so passierte lange Zeit wenig, bis dann irgendwann ein Flächenbrand die Organisation erfasste und alle in operativer Hektik irgendwie doch noch schafften, was erledigt werden musste.

Ein sauber aufgesetztes PMO und ein methodisch unerschütterlicher Projektleiter sorgen dafür, dass jederzeit kritische Fragen gestellt werden können. Dazu gehört auch, dass Teilprojekte ihr Statusampeln auf gelb oder rot setzen und auf einen konstruktiven Umgang mit der Warnmeldung hoffen dürfen. Nichts stresst mehr als ein Melonenprojekt (= aussen grün, innen rot), in dem Menschen aus Angst oder Bequemlichkeit die kritischen Punkte nicht transparent machen und so gemeinsam in die Krise schlittern.

Kraft der Formalismen

Kann ein PMO Freude machen? Auf jeden Fall. Weil es dazu beiträgt, dass das Projekt läuft. Ob der unerbittliche Rhythmus im Umgang mit Tools und Formalismen wirklich bejaht und gemeinsam produktiv genutzt wird, hängt natürlich auch von den Persönlichkeiten im Projektteam und ihrer Zusammenarbeit ab. Das aktuelle Projekt, in dem ich das PMO mit aufsetzen durfte, macht so viel Freude, weil sowohl der Projektleiter als auch der PMO-Leiter ihre Rollen humorvoll ausleben.

Das Projekt ist für die Unternehmung von strategischer Bedeutung und umspannt mit etlichen Teilprojekten die Gesamtorganisation. In vieler Hinsicht ist das Vorhaben ein gewaltiger Klimmzug. Die Termine sind eng, viele Voraussetzungen müssen erst geschaffen werden, die Ressourcen sind knapp. Der Auftrag von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung klar. Und so tun alle Beteiligten ihr Möglichstes. Natürlich auch der Projektleiter und seine rechte Hand, der PMO-Chef.

Die beiden sind wirklich sehr unterschiedlich und insofern eines der besten Zweierteams, die ich in solcher Konstellation gesehen habe. Der erfahrene Projektleiter würde vieles auch intuitiv erfassen, er vertraut auf sein Bauchgefühl, liebt das «big picture», kann sich aber auch von Details verführen lassen. Ganz sicher ist er kein leidenschaftlicher Administrator oder Organisator. Dafür kann er Menschen zusammenbringen, hat eine Spürnase für Unternehmenspolitik und ist mit seiner Entschlusskraft ein richtiger Umsetzungsmotor.

«Wie gut, dass wir Dich haben.»

«Wir sind ein super Team», sagte letzte Woche der Leiter PMO zum Programmleiter, «einfach schon deshalb, weil wir so verschieden sind». Dieser kluge, bescheidene, relativ junge Mann hat in kürzester Zeit einen sehr strukturierten Arbeitsmodus etabliert, auf dessen Durchsetzung er mit Witz und Konsequenz drängt. Er stellt vermeintlich einfache Fragen, über die viele oft am Anfang von Projekten hinweggaloppieren, um später wieder davon eingeholt zu werden. So hat er z.B. mit jedem Teilprojektleiter die jeweilige Teilprojektplanung durchgesprochen – mit der Begründung, dass er alles richtig verstehen wolle, was auch so manchem Teilprojektleiter geholfen hat, sein eigenes Teilprojekt noch besser zu durchdringen.

Der kreative Projektleiter, der von sich aus nicht immer alles extrem strukturiert vorantreiben würde, lässt sich manchmal ganz vergnügt von seinem PMO-Leiter zurückpfeifen. Wenn der sanft und unmissverständlich Sätze sagt wie: «Lass bitte die Finger davon, dafür hast Du mich» oder auch: «Mach das bitte so, wie wir es definiert haben», dann lacht der Projektleiter und sagt: «Wie gut, dass wir Dich haben.»

Ein professionelles PMO ist ein Segen. Und weise sind Projektleiter, die ihr PMO stark werden lassen. Ich freue mich jedenfalls auf die nächsten Wochen mit diesem engagierten Projekt-Duo. Sie werden das Projekt erfolgreich vorantreiben und ich bin stolz, mit von der Partie sein zu dürfen. Mein Beitrag als externe Beraterin in diesem Projekt ist ein Konzept für Kommunikation und Interaktion, mit einem Schwerpunkt auf Stakeholder-Management.

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Bildquelle: www.gograph.com