Veränderungen der Organisationsstruktur gehören zu den häufigen Auslösern von Change-Projekten. Geschäftsleitungen denken über das Organisationsdesign meist dann nach, wenn sie die Strategie weiterentwickeln. Dann stellen sie sich die Frage: Welches Organisationsdesign hilft uns, dass aus der Strategie Unternehmensrealität wird?

Lässt sich Unternehmensrealität über Strategieentwicklung und Organisationsdesign gestalten? Organisationsberater beantworten die Frage logischerweise mit Ja. Meine Erfahrung ist: Es klappt, wenn zwischen entscheidbaren und beeinflussbaren Umsetzungsthemen unterschieden wird. Oder anders gesagt: Während Strategie, Strukturen, Prozesse und Systeme entschieden werden können, braucht es für die Veränderung der Unternehmenskultur mehr Zeit. Auch das ist gestaltbar.

Strategie, Prozesse, Organisation

Klassische Ansätze im strategischen Management gehen davon aus, dass Strukturen aus der Strategie abgeleitet werden sollten. «Structure follows strategy», lautet der von Alfred J. Chandler in den 60er Jahren aufgestellte Leitsatz der Wirtschaftswissenschaften.

Varianten dieses Satzes zeigen, worauf es noch ankommt: «Structure follows process follows strategy» betont, dass Strukturen, Prozesse und Systeme so gestaltet sein sollten, dass Menschen im Sinne der Strategie zusammenarbeiten. Das richtige Organisationsdesign schafft den Rahmen für Arbeitsteilung und Aufgabenerfüllung – inklusive passender Mechanismen und Systeme für die Führung der Organisation.

Strategie, Struktur, Kultur

«Structure follows strategy, and culture follows structure». Auch diese Variante von Chandler’s Satz findet sich im Internet. Das Dreieck, das die Abhängigkeit von Strukturen, Strategie und Unternehmenskultur zeigt, ist bekannt. Es dauert unterschiedlich lange, diese drei Aspekte von Organisation zu verändern. Für Strategieüberprüfung bzw. -entwicklung sollten drei Monate ausreichen. Eine Reorganisation kann in vier bis sechs Monaten über die Bühne gehen. Die Veränderung der Kultur dauert zwei bis drei Jahre.

Das richtige Organisationsdesign passt zur Strategie und fördert eine Kultur, die der Strategieumsetzung dient. Unternehmen, die das nicht im Blick haben, riskieren, dass ihnen passiert, was ebenfalls bekannt ist: «Structure follows strategy, and culture eats strategy for breakfast».

Organisationsdesign ist ein Prozess, den Unternehmen bewusst durchlaufen sollten.

1. Strategischen Anforderungen an Strukturen und Prozesse

Sie ergeben sich einerseits aus den klassischen Management-Themen: Welches Angebot für welche Kunden bietet das Unternehmen? Welche Geschäftsfelder gibt es im Unternehmen? An wie vielen Standorten bzw. in wie vielen Ländern ist das Unternehmen präsent? Welche Skills müssen im Unternehmen vorhanden sein und wie kann das Unternehmen seine Ressourcen kosteneffizient nutzen?

Strategische Anforderungen ergeben sich auch aus der angestrebten Funktionsweise der Organisation: Wie schnell müssen wir auf Umfeldveränderungen reagieren? Wie flexibel müssen wir sein? Wie bringen wir die Fähigkeiten und das Wissen unserer Mitarbeitenden am besten zur Entfaltung? Wie bleiben wir innovativ?

2. Organisation überprüfen

Wie gut passt die heutige Organisation zu den definierten Anforderungen? Was muss anders werden? Welche Stärken müssen wir bewahren? Die Organisation zu überprüfen bedeutet, die bekannten Strukturen ernsthaft an den definierten strategischen Anforderungen zu messen. Dazu gehört unter Umständen auch, zwischen inhaltlich begründeten und personell begründeten Strukturen zu unterscheiden.

3. Designoptionen entwickeln

Das Organisationsdesign folgt letztlich dem Wachstum und der Differenzierung eines Unternehmens. Es muss anschlussfähig an die heutige Unternehmensrealität sein und gleichzeitig eine mutige Entwicklung zur angestrebten Unternehmensrealität von morgen ermöglichen.

Sind agile Organisationsformen das Mittel der Wahl? Nicht automatisch. Aber unbedingt, wenn eine hohe Veränderungsfähigkeit übergeordnete Veränderungsziel ist. Agile Organisationen sind hervorragend für Unternehmen geeignet, die permanent innovativ sein und sich explorativ auf wechselnde Herausforderungen einstellen müssen.

Geht es auch anders? Kommt drauf an, ob das Unternehmen ehrlich mit sich selbst ist und interne Hürden für den eigenen Erfolg sieht. Hierarchie ist nicht des Teufels, nicht für alle Themen braucht es Schwarmintelligenz, bereichsübergreifende Zusammenarbeit kann auch in klassischen Organisationsformen funktionieren und Kunden können auf vielen Wegen einbezogen werden.

4. Designentscheidung treffen

Reorganisationen sind häufig und keine Struktur ist für die Ewigkeit gemacht. Gleichzeitig muss die Entscheidung für ein Organisationsdesign sehr klar sein und mit aller Verbindlichkeit und Konsequenz umgesetzt werden.

Gerade weil das Organisationsdesign kulturprägend ist und sein soll, muss es stabil sein.

Das Organisationsdesign sollte kein einsamer Management-Entscheid sein. Vielmehr sollten Führungskräfte und Mitarbeitende in den Organisationsdesign-Prozess einbezogen werden. Sie kennen die Unternehmensrealität aus den praktischen Anforderungen im Arbeitsalltag. Es macht hochgradig Sinn, in der Vorbereitung einer Reorganisation die Betroffenen zu Beteiligten zu machen.

Prozess Organisationsdesign

5. Neudesign detaillieren

Dasselbe gilt für die Detaillierung des neuen Organisationsdesigns. Hier müssen Spezialisten und Themenverantwortliche sich einbringen können und die neue Unternehmensrealität definieren. Damit ist die Umsetzung vorbereitet und die Umsetzungsverantwortung verteilt.

Spätestens in dieser Phase konkretisiert sich, ob es Verlierer der Reorganisation gibt. Das ist oft der Fall. Veränderte Strukturen und Prozesse verändern auch Rollen und Aufgaben. Es lohnt sich, bei der detaillierten Vorbereitung des Go-lives der Neuorganisation darüber nachzudenken, ob es Enttäuschte gibt, welche personellen Veränderungen nötig sind und wie man damit am besten umgeht. Denn ob eine Reorganisation gelingt, hängt wesentlich davon ab, ob Mitarbeitende ernsthaft motiviert sind, sich darauf einzulassen.

6. Umsetzung planen

Der Weg von der alten in die neue Organisation will geplant sein. Es darf nichts vom Tisch fallen. Verantwortlichkeiten müssen klar sein. Alle Einheiten müssen bestimmte Vorbereitungen zeitgleich treffen. Die HR-Abteilung muss evtl. Verträge ändern. Vor allem darf die Lieferfähigkeit der Organisation nicht beeinträchtigt sein. Die Reorganisation im Sinne vom Einrichten der neuen Strukturen, Systeme und Prozesse ebenso wie der Befähigung der Mitarbeitenden sollte zeitlich möglichst kompakt sein. Wichtig ist, relativ zügig ins Tun zu kommen und das, was aus den Use-cases der Planungsphase konkrete Geschäftstätigkeit zu machen.

7. Neudesign umsetzen

In der Umsetzungsphase klappt vielleicht noch nicht alles reibungslos. Ein wenig Geduld, eine angemessene Fehlertoleranz und die Bereitschaft zur Feinjustage am Organisationsdesign gehören dazu.

Denken Sie über eine Reorganisation nach? Möchten Sie ihre Gedanken mit einer erfahrenen Organisationsberaterin diskutieren? Wir sind gern Ihr Sparringspartner und bringen unsere Erfahrung bei Ihnen ein.

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Bildquelle: www.gograph.com