Die Erkenntnis hat sich durchgesetzt: Was Führung und Change angeht, so sind wir im post-heroischen Zeitalter angekommen. Zwar wird die Unterscheidung zwischen dem Manager und dem Leader immer noch gelegentlich gemacht. Ist ja auch was dran. «Managing operations» ist etwas anderes als «Leading change». Aber heute sind wir im Denken weitergekommen. Transformation und Führung gehören zusammen. Beides braucht Mut und Entschlusskraft. Mehr etwas für Löwen als für Hauskatzen.

Führung zwischen Beobachtung und Teilnahme

Führung gehört zu den Merkmalen einer Organisation. Führung ist das Drin-Sein im Liefermodus der Organisation. Führung ist gleichzeitig auch das Drauf-Schauen auf die Organisation mit ihren Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken. Systemisch betrachtet ist Führung die Art und Weise, in der die Organisation Lieferergebnisse erbringt und zugleich ihre eigene Leistungsfähigkeit reflektiert. Wer führt, ist zwischen Beobachtung und Teilnahme – sollte es zumindest sein.

Führung und Transformation, das ist beides gerichtete Energie. Führung ist der Prozess, in dem die Organisation ihre Ziele sucht und ihre Ziele erreicht. Ziele suchen bedeutet: die eigene Zukunftsfähigkeit überprüfen. Veränderungsfähig sein. Wissen, wo Transformation hinführen soll. Ziele erreichen bedeutet: Tagesgeschäft managen und Transformation stattfinden lassen. Transformation stattfinden lassen bedeutet: die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Organisation kontinuierlich die eigene Zukunftsfähigkeit sicherstellt.

SOLL-IST-Differenzen in der Führung

Führung ist also der Blick auf’s Ganze. Sicherstellen, dass das Ganze läuft. Und sicherstellen, dass das Ganze auch morgen noch passt. Eine Hauptaufgabe von Führung besteht deshalb darin, die Organisation mit SOLL-IST-Differenzen zu versorgen. Wie sind wir heute aufgestellt? Wie müssen wir morgen aufgestellt sein? Wie schliessen wir die Lücke zwischen heute und morgen?

Das geht nur, wenn Führung sich von operativen Tätigkeiten befreit. Draufschauen und sicherstellen. Aber bitte nicht zu viel selbst tun. Denn wer ganz im Tun ist, kann nicht auf das Geschehen schauen.

SOLL-IST-Differenzen in der Führung entstehen durch Aufmerksamkeit: im Blick haben, was mein Bereich und die Organisation brauchen, um heute und morgen zu funktionieren. Führen als Merkmal einer veränderungsfähigen Organisation bedeutet: Weiterentwicklungsimpulse geben und sicherstellen, dass aus diesen Impulsen etwas gemacht wird. Dass also Führung wirksam ist.

Insofern ist Führung immer auch mit sich selbst konfrontiert. Führung bedeutet auch: im Blick haben, ob Führung wirksam ist. Ob Umsetzung passiert. Ob Lieferkraft da ist. Ob Transformation stattfindet.

Führung als Merkmal von Organisation

Zurück zum Anfang. Dort habe ich geschrieben: Führung ist ein Merkmal von Organisation. Es ist eigentlich klar: Wenn Führung und Transformation zusammengehören und nichts anderes sind als die Aufmerksamkeit und die Veränderungsfähigkeit der Organisation mit Blick auf ihre eigene Zukunftsfähigkeit, dann kann Führung gar nichts anderes als eine Mannschaftsleistung sein.

Führung wird kollektiv wahrgenommen. Und zwar ganz praktisch und ganz konkret. Geführt werden die Dimensionen, aus denen sich die Leistungsfähigkeit im Hier und Jetzt und die Zukunftsfähigkeit im Morgen speisen:

  • Strategieentwicklung – der regelmässige Blick in die Zukunft
  • Marketing – die Positionierung in Markt und Wettbewerb
  • Ressourcen-Management – das Bereitstellen der Assets, die es für die Leistungserbringung braucht.
  • Personalmanagement – das Bereitstellen von Skills, das Qualifizieren und Motivieren von Mitarbeitenden
  • Organisationsentwicklung – die Gestaltung und kontinuierliche Weiterentwicklung strategiekonformer Strukturen und Prozesse
  • Controlling – das Nutzen von Steuerungsgrössen, die ganz sicher aber nicht nur Finanzkennzahlen umfassen, sondern auch eine darüber hinausgehende Logik zur Messung der Ausprägung von Erfolgsfaktoren

Vom Warum zum Was und Wie

Transformation und Führung gehören zusammen, weil Führung Handlungsbedarf erkennt. Eine SOLL-IST-Differenz, die Teams und Führungskräfte in ihrem Verantwortungsbereich oder für das Unternehmen erkennen, ist das Warum der Veränderung. Der «Need for Change». Der «Sense of Urgency». Führung ist, wenn die Organisation erkennt, dass sie sich ändern muss. Dass eine Transformation oder ein Change ansteht.

Dazu ergänzend mein Begriffsverständnis: Unter Transformation verstehe ich einen grundlegenden Wandel, bei dem die Organisation hinterher eine vollständig andere ist als vorher. Unter Change verstehe ich deutliche Veränderungen von Teilbereichen oder Kernthemen einer Organisation.

Das Was der Veränderung sind knallharte Sachthemen oder ebenso brutal wirksame Faktoren wie die Kultur. Das eine ist die Schraube, an der man drehen will. Das andere der tatsächliche Wille und die Fähigkeit, das auch zu tun.

Das Wie ist überhaupt kein Hexenwerk. Viele Instrumente aus der klassischen Toolbox des Change-Managements helfen dabei, eine Veränderung systematisch herbeizuführen und zu durchlaufen. Workshops, Informationsveranstaltungen, Feedback-Instrumente, partizipative Methoden der Projektarbeit – solche und andere Formate sind nicht neu und immer wieder sinnvoll.

Führung, Transformation und Agilität

Die bewährte Change-Toolbox haben wir in Griffweite. Hinzu kommt das heute weit verbreitete Wissen um die Vorteile agiler Methoden. Und natürlich macht es Sinn, ein Change-Projekt agil zu führen, den Projektfortschritt in Sprints zu planen und die Arbeit in Daily Scrum Meetings zu organisieren. Es macht Sinn, weil agiles Projektmanagement ohnehin Sinn macht. Weil gerade bei längeren Vorhaben niemand wissen kann, wie sich Thema, Anforderungen und Gegebenheiten unterwegs verändert. Früher gab es die Idee der rollierenden Planung. Seit etlichen Jahren gibt es das Instrumentarium der agilen Methoden.

In diesem Zusammenhang eine Warnung: Bitte nicht das Warum, Was und Wie durcheinanderbringen, wenn es um Agilität geht. Agilität ist nicht das Allheilmittel. Ob neben Sachthemen auch das Einführen agiler Methoden Gegenstand des Change-Projekts ist, ist eine separate Frage. Es ist dann sinnvoll, wenn es der Organisation an Veränderungsfähigkeit mangelt (Warum!) und die Mechanismen von Führung und Zusammenarbeit (Was!) agilisiert (Wie!) werden müssen.

Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es

Mein Arbeitsansatz in Organisationsentwicklung und Transformationsmanagement ist stark geprägt vom systemischen Denken. Das Gedankengut dieses Blogbeitrags ist inspiriert u.a. von Rudolf Wimmer: Die bewusste Gestaltung der eigenen Lernfähigkeit als Unternehmen. In: Die bewusste Organisation. Steigerung der Leistungsfähigkeit, Lebendigkeit und Innovationskraft von Unternehmen. Hrsg. von Nino Tomaschek, S. 39-62.

Als Beraterin liebe ich es, eine Systematik im Kopf, Disziplin im Denken und Konsequenz in der Umsetzung zu haben. In meinen Projekten rede ich wenig über den Unterschied von Transformation und Change. Theorie ist nur etwas wert, wenn daraus praktische Ergebnisse resultieren. Deshalb empfehle ich sehr bewusst bestimmte Massnahmen und andere nicht.

Das gilt auch für Workshops. Man kann mit Kreativtechniken, Moderationskarten und Gruppenarbeit einsetzen. Aber nur, wenn klar ist, zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.

Wenn Sie eine Transformation managen möchten, eine Roadmap für ein Veränderungsprojekt brauchen oder in einem Strategieentwicklungsprozess neue Ziele für Ihre Organisation setzen wollen, denken Sie an CambiaLINE. Ich bin Feuer und Flamme für solche Projekte.

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