Zurzeit laufen wieder meine Kurse zum Thema «Business Transformation» an der ZHAW. Einer der Unterrichtstage behandelt Stakeholder-Management als systematischen Prozess. In meiner Erfahrung ist das ein wesentlicher Erfolgsfaktor in der Führung von Veränderungsvorhaben.
Stakeholder-Management ist für alle Projekte mit grösserer Reichweite erfolgskritisch. In projekterfahrenen Organisationen gehört es explizit zu den Aufgaben von Projektmanagern. Dort ist völlig klar, dass zu jedem Projekt Anspruchsgruppen gehören, die das Projekt unterstützen oder behindern können. Und es ist klar, dass die Vertreter dieser Anspruchsgruppen gemanagt sein wollen.
Stakeholder kennen
Stakeholder-Management als systematischer Prozess meint die pro-aktive Kommunikation mit Personen, Gruppen oder Organisationen, die ein Interesse an dem Projekt haben, weil sie ihre gegenwärtigen oder künftigen Interessen davon beeinflusst sehen.
Zu Beginn des Projekts sollte die Projektleitung sich Gedanken darüber machen, wer die Stakeholder des entsprechenden Vorhabens sind.
Es gibt Anspruchsgruppen, die bei allen strategischen Projekten standardmässig mit Informationen versorgt werden müssen. Dazu zählen vor allem die typischen Dialoggruppen der Unternehmenskommunikation: Mitarbeitende, Kader, unter Umständen auch Presse und Investoren.
Stakeholder-Management geht deutlich über diese an Personen zahlreichen Gruppen hinaus. Es richtet sich an Einzelpersonen, die vielleicht auch in Gruppen mit ähnlichem Interesse zusammengefasst werden können.
«Personenscharfes» Vorgehen
In einem Strategieprojekt einem Logistikunternehmen der öffentlichen Hand, sagte der Leiter Public Affairs einmal, man müsse «personenscharf» vorgehen. Genau das war sein Job in diesem hochgradig politischen Umfeld. Es geht zunächst mal darum, Namen und Funktion von InteressensvertreterInnen kennen.
Wenn die Liste der Stakeholder gemacht ist, muss für jede einzelne Personen eingeschätzt werden, wie ihre Haltung zu dem jeweiligen Projekt ist und welche Möglichkeiten der Einflussnahme eine Person hat. Abhängig von dieser Bewertung werden Stakeholder-Management-Massnahmen geplant.
Ist eine Person ein feuriger Befürworter Ihres Projekts, aber leider ohne nennenswerte Einflussmöglichkeit, dann ist es gut, die Person zum Botschafter für das Projekt zu machen. Gleichzeitig muss ausreichend Zeit und Energie für die einflussreichen Gegner aufgewendet werden. Ein wichtiges Ziel ist zudem, die abwartenden Beobachter zu überzeugen und so die Zahl der positiven Stakeholder zu erhöhen.
Botschaften und Storyline
Stakeholder-Management als systematischer Prozess bedeutet: pro-aktiv auf Personen und Personengruppen zugehen, sie mit Informationen versorgen und in Dialog mit ihnen treten.
Dazu braucht es klare Botschaften und eine nachvollziehbare Argumentation zum Projekt und seiner Bedeutung für die Stakeholder. Meist fragt die Abteilung für Unternehmenskommunikation diese Inhalte an, um die interne und externe Kommunikation vorzubereiten.
Die Storyline sollte aber auch vom Kernteam beherrscht werden. Nur wenn der engere Kreis der Beteiligten wie aus einem Munde über das Projekt spricht, entsteht in der Organisation ein einheitliches Bild. Projekte haben immer auch ein Image. Insofern macht es hochgradig Sinn, die Schneeballeffekte der ungesteuerten informellen Kommunikation zu beachten.
Stakeholder-Management umsetzen
In einem meiner Projekte habe ich mich mit dem Leiter eines strategisch wichtigen Markteintrittsprojekts dafür eingesetzt, dass die Geschäftsleitung ein neues Standard-Traktandum in ihre Sitzungen definierte: Stakeholder-Management.
Sie haben sich in jeder GL-Sitzung darüber ausgetauscht, welches GL-Mitglied sich um welche Stakeholder kümmerte und wie – nach erfolgtem Kontakt – die Rückmeldung der Stakeholder war. Dieser Austausch im Top-Management war wertvoll. Alle wussten was läuft, von wo Gegenwind zu verspüren war und wie man damit umgehen wollte.
Stakeholder-Management als systematischer Prozess ist kein Hexenwerk. Der qualitative Unterschied gegenüber der intuitiven Kontaktpflege entsteht dadurch, dass es ein Bewusstsein für den Wert von inhaltlicher Vorbereitung und interner Abstimmung gibt. So gehandhabt wird Stakeholder-Management ein machtvolles Werkzeug, das mitentscheidend für den Verlauf und Erfolg eines Projekts sein kann.
Die Methode
Nach der Identifikation und Analyse der Stakeholder werden – falls möglich – Stakeholder-Cluster gebildet, die über gleiche (und also effizient vorzubereitende) Massnahmen erreicht werden können. Storyline und Botschaften müssen sorgfältig ausgearbeitet und abgestimmt sein. Dann startet der Prozess der Massnahmen-Planung, der zugleich das Alignment aller am Stakeholder-Management beteiligten Akteure absichert.
Weiterführende Links in diesem Zusammenhang
- Initiativen
- Blog-Beitrag: Stakeholder-Management
- Artikel von Linda Pütter auf Linkedin