Mixed leadership? Eher: mixed feelings! Im März habe ich in der Blitzumfrage auf der Homepage gefragt: «Wie stark kümmert sich ihre Firma darum, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen?»

Weil mich ihre Meinung interessierte, habe ich per Mail Führungsfrauen aus meinem Netzwerk um ihr Votum gebeten. Das Ergebnis dieser Umfrage ist also wesentlich Frauen beeinflusst, die in der Geschäftsleitung oder im oberen Management von Firmen arbeiten!

Alles nur wegen der Kinder?

Rund 20% sehen die Bemühungen auf Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie reduziert. Hoffnung macht, dass ebenfalls gut 20% bei ihrem Arbeitgeber ernsthafte Projekte erleben, die intern wie extern Strahlkraft haben. Zum Glück sind es nur 9%, die die Förderung von Frauen auf eine Feigenblatt-Initiative wie eine Beauftragte für Chancengleichheit reduziert sehen. Ein weiteres Zehntel erlebt Frauenförderung als etwas Informelles, was über Beförderungen geregelt wird. Vielleicht ist es ja sogar dieses Zehntel, das die reale Gleichbehandlung von Männern und Frauen erlebt, eben über das altbekannte Modell der informellen Netzwerke.

Gleich oder ungleich?

Mixed Leadership gelingt, wenn ein Grundprinzip der Gleichstellung von Mann und Frau im Berufsleben gelingt. Dieses Grundprinzip bedeutet, keinen Unterschied zu machen, wo kein Unterschied ist, und Unterschiede zu machen, wo Unterschiede sind.

Kein Unterschied zwischen Männern und Frauen besteht bei Fähigkeiten und Qualifikationen. Firmen, die mehr Frauen in Führungspositionen bringen wollen, fördern und befördern Mitarbeitende geschlechterneutral.

Jedoch muss ein Unterschied gemacht werden, wo die Voraussetzungen für Erfolg und Weiterkommen ungleich sind, z.B. beim Umgang mit Familienzeiten, die für Frauen immer noch oft zum Karrierebruch führen. Diversity steht eben nicht für Gleichmacherei, sondern für Vielfalt. Firmen, die mehr Frauen in Führungspositionen bringen wollen, machen Unterschiede, indem sie Barrieren und Nachteile beim Zugang zu Führungspositionen abbauen.

Firmen, die es wirklich ernst meinen mit dem Anspruch, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, sorgen für echtes Umdenken und gestalten ihre Führungs- und Unternehmenskultur so, dass in Zusammenarbeit und Management Platz für unterschiedliche Sichtweisen, Arbeitsformen und Lebensmodelle ist. Das ist ja auch der tiefere Grund für Diversity: dass Firmen mit heterogenen Führungsteams zu besseren Entscheidungen und Ergebnissen kommen als solche mit einem homogen besetzten, d.h. in der Regel: einem männlich dominierten Management.

Weit mehr als Teilzeit

Schon ganz gut, aber längst nicht ausreichend ist, dass Firmen Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie machen. Allerdings: Wenn ich mit Frauen in Führungspositionen spreche, dann geht es ihnen nicht darum, halbe Tage zu Hause bleiben zu können. Ihr Kopf ist – auch mit Kind – voll mit Ideen, strategischen Themen, Umsetzungsprojekten. Sie haben Lust, sich umfassend in die Firma einzubringen und wollen zugleich, selbstbewusst und selbstverständlich, nicht ihr ganzes Leben der Arbeit widmen.

Frauen in Führungspositionen haben Freude an ihren anspruchsvollen Tätigkeiten, keine Scheu vor langen Arbeitstagen und wollen einflussreiche, gut bezahlte Positionen. Wie Männer. Aber wenn es um die Besetzung eines Top-Jobs geht, erhalten trotzdem meist Männer den Zuschlag. Nicht, weil sie besser als die Frauen sind!

Nach wie vor ist es in vielen Firmen die Unternehmenskultur, die den Show-Stopper für Frauen auf der Karriereleiter setzt. Fast langweilig, es zu wiederholen: Es sind immer noch von Männern gemachte informelle Spielregeln, die die stabileren Seilschaften bilden. Dazu gehören Präsenzkultur, verlässliche Netzwerke («Wir waren zusammen beim Militär») sowie Kommunikations- und Verhaltensmuster, die mehr um Macht kreisen als um Kompetenz.

Viele Führungsfrauen, die ich kenne, haben darauf wenig Lust. Selbst wenn sie sich zu Hause eine Infrastruktur geschaffen haben, die für viele Manager die Ehefrau organisiert. Sie könnten das Spiel mitspielen, sie wollen es aber nicht.

Mixed Leadership erfordert Systemveränderungen

«Es gibt bei uns keine Strategie und keine konkreten Maßnahmen, die Unterrepräsentation der Frauen in Führungspositionen zu verändern», schrieb mir eine Personalverantwortliche zu meiner Umfrage. Auf diesen Willen zur systemischen Veränderung kommt es aber an. Verändert man das System, verändert sich das System. So wie es sich nicht oder nur wenig verändert, wenn keine Veränderung ausgelöst wird.

Schafft es ein Unternehmen, einen gewissen Anteil an Frauen in Führung zu bringen, werden diese das System verändern – durch ihre Anwesenheit in Entscheidungsgremien und durch ihr Handeln in der Führung. Sie werden fähige Frauen nachziehen. Es braucht Zeit, aber das System wird sich verändern.

Es ist wie das Zusammenspiel von Hardware, Software und Usern.

  • Die «Hardware» müssen stimmen, dafür muss ein Unternehmen, dass mehr Frauen in Führungspositionen will, sorgen. Flexible Arbeitszeitmodelle für Männer und Frauen, Home-Office, Wiedereinstiegsprogramme nach Familienzeit. Da ist die HR-Abteilung gefordert, für Lösungen und Guidelines zu sorgen.
  • Die «Programme», die auf dieser «Hardware» laufen, müssen auch stimmen: geschlechterneutrale Personalbeschaffung und Bezahlung (im März war nicht nur Internationaler Frauentag, sondern auch Equal Pay Day), Zielvorgaben für die Einstellung und Förderung von Frauen, Controlling zur Erreichung der selbstgesetzten Zielwerte.
  • Die «User» des Systems müssen bereit sein, gemeint sind damit vor allem die Führungskräfte, die im System und am System arbeiten und individuell und als Gruppe Verantwortung für Chancengleich in Zusammenarbeit und Führung tragen. Teilweise muss ihnen zunächst bewusst (gemacht) werden, welchen Anteil sie am Abbau von Geschlechterrollenstereotypen haben.

Und ja: Es gibt Unternehmen, vor allem Konzerne, die nicht nur alle politisch korrekten Register ziehen, sondern auch glaubwürdig sind, in dem was sie tun – von der Diversity-Abteilung, über interne Frauen-Netzwerke, Mentoring-Programme, bis hin zur gezielten Ansprache weiblicher Kundschaft.

Mixed Leadership ist kein Emanzenkram

Zum Abschluss ein Wort zu den Männern. Ich kenne viele männlichen Führungskräfte, die absolut aufgeschlossen sind, Frauen in Führungspositionen zu bringen. Sie brauchen kein Gender-Awareness-Training. Ich würde Diversity-Verantwortlichen davon abraten, diese Manager didaktisch zu belästigen. Mixed Leadership sollte kein nerviges HR-Thema sein.

Viele Top-Manager haben Freude, fähige Nachwuchskräfte zu fördern. Vielleicht haben sie Töchter, über deren Karriere sie sich freuen. Sie haben überhaupt Freude daran, gute Leute in einflussreichen Positionen zu sehen. Da sehe ich keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen in Führungspositionen.

Und deshalb beende ich diesen Artikel nicht mit Lamento oder Systemkritik, sondern mit einem Appell an alle Frauen, die Führung im Top-Management wollen: Greift nach der Macht. Setzt euch ein. Fordert Unterstützung, wo ihr sie braucht, privat wie beruflich. Denkt nicht, dass man mit einem 50%-Pensum eine Firma führen kann. Sagt, was ihr meint, damit ihr bekommt, was ihr wollt! Und regelt eure Dinge, damit ihr in eine Position kommt, in der dann ihr die Regeln setzen könnt.

Die Umfrageergebnisse

Rund 35% der Umfrageteilnehmenden finden, dass ihr Arbeitgeber gar nichts macht, um den Frauenanteil im Management zu steigern, weil alle dieselben Chancen hätten. Da wir aber wissen, dass der Frauenanteil im Senior Management immer noch bei max. 10-14% liegt, ist klar, dass die Chancengleichheit sich durch Nichtstun nicht erhöht.

Weiterführende Links in diesem Zusammenhang

Bildquelle: www.gograph.com

Cambialine Umfrage Mixed Leadership