Wenn Kunden einen Kulturwandel im Unternehmen auslösen wollen, rate ich dazu, Prozesse, Mindset und Führung in ein massgeschneidertes Zusammenspiel zu bringen. Was dann passiert, ist gezielte Organisationsentwicklung und insofern erfolgreiche Strategieumsetzung.

Entscheidungsprämissen für anderes Handeln

Unternehmenskultur ist die Summe der handlungsrelevanten Reflexe. Sie entwickelt sich auf Basis dessen, was Mitarbeitende erleben und beobachten.

Weil Unternehmenskultur sich der direkten Einflussnahme entzieht, müssen Verantwortungsträger in Organisationen bewusst gestalten, was direkt Einfluss auf die Kultur hat:

  • Prozesse: Hier denke ich an Arbeitsabläufe, Regelwerke, IT und systemgestützte Prozesse, Kontrollmechanismen und andere Spielregeln für das Arbeiten in der Organisation. Gemeint ist, was Niklas Luhmann als Konditionalprogramm bezeichnete: eine klare Orientierung, über das was gilt, und zwar im Sinne einer berechenbaren Kausalität im Sinne von «wenn–dann–sonst».
  • Mindset: Hier meine ich alles, was Orientierung mit Blick auf die Zukunft gibt und das eigenständige Handeln im Sinne von Vision, Strategie, Werten, Zielen ermöglicht. Gemeint ist, was Luhmann als Zweckprogramm bezeichnete: ein gemeinsames Verständnis darüber, wofür die Organisation antritt, wohin die Reise geht und wozu das Management Veränderungsprojekte initiiert.
  • Führung: Hiermit meine ich das steuernde Einwirken auf die Organisation «in motion», den Anteil der Führung am Prozess des Organisierens im Sinne von Karl Weick, das Generieren von Entscheidungen, das Gestalten von Kommunikationswegen bzw. das Beeinflussen des informellen, handlungsrelevanten Diskurses darüber, wie die Organisation funktioniert.

Prozessoptimierung ohne Change in Mindset und Führung

Oft werden Prozesse, Mindset und Führung separat adressiert. So gibt es z.B. viele Optimierungsprojekte, die einzelne Strukturen oder Prozesse verändern sollen. Nicht selten ist der Umsetzungserfolg nicht nachhaltig, weil die Menschen in der Organisation ihre Einstellung zum Thema nicht verändert haben oder Führungskräfte die Veränderung nicht konsequent steuern. Beispiel: ein neues CRM-System ermöglicht eine bessere Systematik in der Erfassung und Bewirtschaftung von Kundendaten und schafft eine Basis für Sales-Aktivitäten, die unabhängig vom Haupt-Ansprechpartner ist. Wenn das Unternehmen keine Anreize für das Teile von Kundendaten setzt, hat allerdings auch das neue CRM-System keinen Effekt auf gemeinsame Akquise-Tätigkeiten.

Wertewandel ohne Change in Prozessen und Mindset

Relativ häufig laufen Werteprozesse und Kulturprojekte abgekoppelt von anderen Strategieinitiativen. Man diskutiert Vision und Werte, die Stimmung ist ernsthaft und gut, weil die Inhalte überzeugen und motivieren. Kurz nach Projektabschluss hängen die hehren Vorsätze für ein besseres Miteinander auf Postern an den Wänden, flackern auf Bildschirmschonern und tauchen für eine Weile überall in der internen Kommunikation auf – und doch verhalten sich die Menschen in der Organisation immer noch wie vorher. Es fehlt der Bezug zur Strategie, es fehlt die Veränderung von Prozessen und Rahmenbedingungen für anderes Verhalten. Es fehlt an Führung.

Führungsgrundsätze ohne Change in Prozessen und Mindset

Ebenfalls häufig finden Reflexionsprozesse zum Führungsverständnis abgekoppelt von handfesten Veränderungen am System statt. Führungskräfte befassen sich mit einem sorgfältig definierten Führungsstil. Sie sollen jedem einzelnen Mitarbeitenden gerecht werden, sich Zeit nehmen, Gespräche führen. Egal ob Transformational Leadership, situatives Führen oder Führen in Agilität und Selbstorganisation – das Aufgabenprofil in der Führung wird komplexer und anspruchsvoller.

Wenn aber das Investieren von Zeit und Energie in Mitarbeitende nicht zu den KPI gehört, die für Bonus und Karriere in der Führung relevant sind, bleiben auch die schönsten Führungsgrundsätze ohne Wirkung, so sinnvoll sie auch sein mögen.

Solche Projekte sind das Äquivalent zu Werteprozessen auf Mitarbeiterebene.

Die Verantwortung für «besseres» Verhalten wird auf die Ebene der individuellen Einstellungen verlagert, was im Kern immer ein re-edukativer Prozess ist. Die Vorstellung, man könne Mitarbeitende oder Führungskräfte auf Werte einschwören und so ein anderes Verhalten der Menschen im System erreichen, läuft allerdings meist ins Leere. Nur wenn die entsprechenden Anpassungen am System erfolgen und also systemverantwortliche Führungskräfte neue Rahmenbedingungen für neues Verhalten schaffen, kann sich etwas bewegen.

Prozesse, Mindset und Führung im integrierten Projektmanagement

Erfolgreiche Veränderungsvorhaben machen Change-Management zu einem Bestandteil der fachlich-technischen Projektarbeit. Konkret meine ich damit, dass  die Projektarbeit Methoden und Formate aus dem Change-Management mit der fachlichen Arbeit an der Sache verbindet. Das kann z.B. in Workshops stattfinden, in denen neue Prozesse gemeinsam mit denjenigen, die sie umsetzen sollen, erarbeitet werden, und zwar so, dass Konflikte und Blockaden der Zusammenarbeit, die mit Mindset und Führung zu tun haben, ebenfalls bearbeitet und aufgelöst werden.

Es gibt bereits viele Ansätze in diese Richtung: in der Software-Entwicklung und darüber hinaus durch Scrum und agile Zusammenarbeit oder in der Produktentwicklung durch Design-Thinking. Meine Erfahrung dabei ist, dass oft aber auch die Skills und die Erfahrung von Change-Management-Spezialisten mit ins Spiel kommen müssen. Die meisten Projektmanager qualifizieren sich aufgrund ihrer fachlichen Expertise für ihre Rolle. Sie sind gut damit beraten, einen Change-Manager in die Co-Projektleitung zu holen.

Prozesse, Mindset und Führung in der Organisationsentwicklung

Gemeinsam können sie dann planen und steuern, zu welchem Zeitpunkt im Projektverlauf welche Interaktionen sinnvoll sind und wie sie methodisch ablaufen müssen, damit das Neue eine Chance auf Umsetzung hat. Prozesse, Mindset und Führung können dann mit Bezug aufeinander so entwickelt werden, so dass es auf allen Ebenen eine Bewegung in dieselbe Richtung gibt.